Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

ist kürzlich 100 geworden

 
Epikur
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Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 17:52 Uhr  ·  #1
Dies ist eines meiner absoluten Lieblingsstücke, deshalb will ich mal hiermit beginnen. Einen aktuellen Anlass gibt es auch: Ende Mai dieses Jahres jährte sich die Uraufführung des Sacre zum 100. Mal. Für die Musik des 20. Jahrhunderts war das ein markantes Datum, nicht zuletzt wegen der skandalträchtigen Uraufführung. Näheres hierzu z. B. im Wikipedia-Artikel.

„Le sacre du printemps“ ermöglicht einen sehr guten Einstieg in die „moderne“ Musik. Trockene, schwer verdauliche Kost ist hier nicht zu befürchten. Durch Filmmusik u. ä. sind wir längst an schärfere Dissonanzen gewöhnt. Auch das Thema „Jungfrau wird dem Frühlingsgott geopfert, indem sie sich zu Tode tanzt“ lässt erahnen, dass hier ganz schön die Post abgeht. Das verhält sich zum romantischen Ballett à la Schwanensee etwa wie Hard Rock zu Folk-Balladen.

Trotz des „archaischen“ oder „primitiven“ Charakters ist das Sacre doch auch von erheblicher Komplexität, besonders was den Rhythmus angeht (Polyrhythmik, häufige Taktwechsel), so dass es zu einem echten Virtuosenstück für Orchester geworden ist. Höhepunkt ist die abschließende „Danse sacrale“: in diesem Satz genau zusammenzubleiben, schaffen nicht alle.

Wer sich eine gute Aufnahme zulegen möchte, hat die Qual der Wahl, zumal es anlässlich des Jubiläums in diesem Frühjahr an Neu- und Wiederveröffentlichungen nicht mangelt. Ich selbst habe zusätzlich zu meinen bisherigen Aufnahmen noch die „100th Anniversary Collection“ von Sony besorgt (enthält für rund 20 Euro immerhin 10 Aufnahmen von 1929 bis 1996). Nun ja, die historischen Mono-Aufnahmen (Stokowski [1929], Strawinsky [1940], Monteux [1951]) können das große Orchester nicht adäquat abbilden, interessant sind aber immerhin die teils extremen Tempi in der alten Strawinsky-Aufnahme (es ist noch eine neuere von 1960 enthalten).

Bis auf die Monteux-Aufnahme – eigentlich gilt Monteux als einer der Referenz-Interpreten des Sacre, was ich anhand der Aufnahme von 1951 aber nicht nachvollziehen kann; da hatte das Boston Symphony Orchestra offenbar einen schlechten Tag erwischt – scheinen mir alle Aufnahmen der Box von der Interpretation her mindestens gut bis sehr gut zu sein, herausragend finde ich Boulez mit Cleveland Orchestra [1969], Esa-Pekka Salonen mit Philharmonia Orchestra [1989] und Michael Tilson Thomas mit San Francisco Symphony [1996]. Letztere ist meine neue Lieblings-Aufnahme, hier stimmt einfach Alles: Präzision, Tempi, Dynamik. Beispiel: Thomas wählt in der „Danse sacrale“ ein relativ zügiges Tempo, und das Orchester setzt das so mitreißend und dabei präzise um, dass der Satz einen regelrechten „Groove“ entwickelt. Eine phantastische Orchester-Leistung!

Denjenigen, die sich das Stück evtl. mal anhören wollen, sich aber nicht gleich 10 Aufnahmen zulegen möchten, kann ich noch eine weitere Aufnahme empfehlen, nämlich Eliahu Inbal mit Philharmonia Orchester [1990]: "Le sacre du printemps" ist hier zusammen mit Feuervogel und Petruschka auf einem Doppeldecker zum äußerst fairen Preis von 6 Euro zu haben. Die Interpretation ist dabei ebenfalls exzellent und auch die Klangtechnik ist spitze.
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Triskell
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 18:02 Uhr  ·  #2
Hallo Epikur.

8) Schöner Einstieg, willkommen in der Runde.
Rainer The Mage
 
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 18:22 Uhr  ·  #3
Herzlich wilkommen. Der gute ist mir als Zappa-Fanatiker natürlich bekannt, ebenso wie Varése. Kannst du mir bei Stravinsky mal einen günstigen Einstieg verraten, wo man günstig etwas mehr Material beisammen hat? Ich hab bisher nur die Symphonies.
35 years after
 
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 18:25 Uhr  ·  #4
Herzlich Willkommen und viel Spass hier in der Runde !!! :laola
Trurl
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 19:20 Uhr  ·  #5
Willkommen hier mit diesem tollen Einstieg. Stravinsky ist auch einer meiner Favoriten. Das Jubiläumskonzert wurde auf ARTE ja live übertragen.

@Rainer: es gab mal eine Box, Works of Stravinsky, wo er viele der Sachen selbst dirigiert. Für die Menge an Material war die damals recht preiswert.

Stravinksy

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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 19:46 Uhr  ·  #6
Zitat geschrieben von Trurl

Willkommen hier mit diesem tollen Einstieg. Stravinsky ist auch einer meiner Favoriten. Das Jubiläumskonzert wurde auf ARTE ja live übertragen.

@Rainer: es gab mal eine Box, Works of Stravinsky, wo er viele der Sachen selbst dirigiert. Für die Menge an Material war die damals recht preiswert.

Stravinksy

trurl


Danke für den Hinweis, aber das überschreitet vorerst mein Budget ;)
Ich sollte wohl mal nach ein paar von den Pierre Boulez geleiteten Sachen schauen <_<
Mr. Upduff
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 20:14 Uhr  ·  #7
Willkommen, @Epikur...

...da hast Du mich ja ganz schön zurückkatapultiert in eine meiner Sturm-und-Drang-Phasen...

...Gott (oder eher doch nicht), wie war ich damals vernarrt in diese Aufbruchzeit und den 1/2 Jahundert davor...Panizza...Rimbeau...Schiele...Gaudi...Ravel...immer wieder ab nach Wien...Aix...Paris...Barcelona...

...und natürlich Stravinsky...sein "Massacre du printemps"...wer dieses Frühlingsofper über sich ergehen läßt, der kann nur gewinnen...die ganze elemantare Kraft der Erde stürmt aus dieser Musik...

...viele werden davon schon (unbewußt) in Berührung gekommen sein...ich erinnere mich, daß so eine 70er-Politiksendung (?) das gewaltig-pulsierende Theme von "Les augures printaniers" am Anfang hatte...und auch das Bass-da-da-da-Thema von "Rondes printanières" gab es (wo nur nochmal?) oft zitiert im Klassik-Rock-Bereich...

PS: Ich habe mir für meine CD-Zeit die 64er Karajanaufnahme von der Deutschen Grammophon zugelegt (die ich grad DANK DIR parallel kopfhöre) ...und da dies meine zweite (an die LP kann ich mich nicht mehr erinnern) Aufnahme ist und war, ist (und bleibt) genau diese meine "Urfassung"...


...nun noch abschließend zu was total anderem...aber aus dem Kontext dieser Zeit, ber mehr etwas für verträumte Schöngeister: Ravel`s "Daphnis et Chloé"...einfach auch mal reinhören (man muß ja nicht gleich mittanzem)...
Epikur
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 20:50 Uhr  ·  #8
Besten Dank für das Willkommen!

Ich habe vor, demnächst noch andere Stücke oder Interpretationen oder besondere Aufnahmen vorzustellen. Mal schauen, was ich mir als Nächstes vorknöpfe.

Zitat
Herzlich wilkommen. Der gute ist mir als Zappa-Fanatiker natürlich bekannt, ebenso wie Varése. Kannst du mir bei Stravinsky mal einen günstigen Einstieg verraten, wo man günstig etwas mehr Material beisammen hat? Ich hab bisher nur die Symphonies.


Bei Strawinsky habe ich, muss ich gestehen, nicht unbedingt den vollen Überblick. Und viele seiner späteren Werke können mich ehrlich gesagt auch nicht so vom Hocker hauen wie das Sacre (da würde ich mitunter dann doch lieber Frank Zappa hören). Zu Strawinsky sollte man vielleicht noch erwähnen, dass er seinen Stil des Öfteren komplett geändert hat: Nach den spätromantisch-impressionistischen Balletten "Feuervogel" und "Petruschka", folgt "Le sacre du printemps" in einem archaischen, rhythmisch dominierten Stil (hat meines Wissens keinen eigenen Namen), dann Neoklassizismus, später sogar atonale Werke.

Auf Tonträger dominieren klar die drei frühen Ballette. Im Moment werden einige mehr oder weniger günstige Boxen angeboten, die sich auf "Le sacre du printemps" konzentrieren (siehe oben). Es gibt eine preisgünstige Box "Igor Strawinsky - The Essential" (2 CDs für 10 Euro), da sind teils aber nur Ausschnitte drauf. So etwas würde ich selbst eher nicht kaufen.

Was ich selbst noch gerne von Strawinsky höre, wäre etwa:

  • Ebony Concerto - vom Jazz inspiriert; das gibt es z. B. mit Benny Goodman zusammen mit einigen anderen äußerst hörenswerten Stücken (anderer Komponisten) - ein Inselplatten-Kandidat
  • Pulcinella - damit hatte Strawinsky einen weiteren Trend gesetzt, und zwar den "Neoklassizismus" mit weitreichenden Folgen wie Prokofiews "Symphonie Classique" oder Schostakowitschs erster Symphonie; ich habe die Aufnahme von Hugh Wolff, die tadellos, aber wohl auch nicht epochal ist
  • Histoire du Soldat - Klassisch ist die Aufnahme mit Jean Cocteau als Sprecher (u. a.) und Igor Markevitch als Dirigent
  • Violinkonzert - z. B. von Frau Mutter sehr ansprechend interpretiert
Mr. Upduff
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Re: Igor Strawinsky - Le sacre du printemps

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Gepostet: 16.06.2013 - 20:57 Uhr  ·  #9
Zitat geschrieben von Epikur

...

Ich habe vor, demnächst noch andere Stücke oder Interpretationen oder besondere Aufnahmen vorzustellen. Mal schauen, was ich mir als Nächstes vorknöpfe.

...

Da bin ich gespannt...die Klassik (bzw. das, was mann i.A. in dieser Abteilung so findet) fristet (aber durch Dich evtl.: -e) eher ein Schattendasein...

...wie Du u.a. hier sehen kannst: forum/index.php?f=126
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