Marillion Alben 1983 - 1995
Script for a Jester's Tear
(1983 - Fish, Kelly, Pointer, Trewavas, Rothery)
Marillion waren zusammen mit "IQ" und teilweise auch "Pendragon" die Wegbereiter des Neo-Progs in den frühen 80er Jahren. Inspirationsquelle dieser Musik waren vor allem die frühen Genesis.
Als einzige Vertreter des Genres erreichten Marillion mit ihrer Musik dabei einen großen Bekanntheitsgrad und verkauften vor allem ihre letzten Alben mit Fish erfolgreich. Die in etwa zu gleicher Zeit beginnenden "IQ" hingegen, die für mich die um einiges bessere Musik spielen, sind außer in Progrockkreisen niemanden bekannt. In gewisser Weise genießen Marillion somit einen besonderen Status in der Neo-Prog Szene, da sie es sogar schafften, Singlehits in die Charts zu bringen. Das Debutalbum der Band bietet sehr lange, lyrische und stimmungsvolle Lieder. Der Gesang von Fish ist dabei sehr variantenreich, von gefühlvollen bis wütenden Stimmungen reicht hier seine Interpretation. Die Musik von Marillion wird dabei von Keyboards und Gitarre bestimmt - allerdings gibt es nicht ganz so lange Instrumentalpassagen wie bei anderen Gruppen des Genres, da hier die Musik mehr mit und von den Texten auch lebt.
Das Titelstück "Script for a Jester's Tear" beginnt mit den bedeutungsvollen Worten: "So here I am once more, in the playground of the broken hearts..." und bildet den beeindruckenden Anfang eines Albums, das - obwohl ein Debut - sehr ausgereift klingt. Als Vergleich sei hier das im selben Jahr erschienene "Tales from the lush attic" von "IQ" erwähnt, bei dem die Musik zwar mehr symphonischen Progrock bietet, dafür aber hier und da noch von der Produktion her unreif klingt (drei Tage dauerte diese nur, während Marillion mehrere Monate Zeit hatten im Studio).
Die anderen Lieder auf dem Album spielen fast alle auf dem gleichen hohen Niveau wie das Titelstück, wobei aber die Komplexität der Vorgänger aus den 70er Jahren nicht erreicht wird.
Herausragen tut für mich noch "The Web", das eine sehr dichte Stimmung erzeugt und wenn Fish zu Beginn die Enge eines kleinen Zimmers besingt, kann man die Beklemmung regelrecht spüren. "Garden Party" ist ein Liveklassiker der Band, es wird eine versnobte englische Gartenparty besungen und die gewiß bekannteste Zeile des Liedes ist "I'm rocking, I'm fucking..."
"Chelsea Monday" wartet im Mittelteil mit einem längeren Gitarrensolo von Steve Rothery auf, der zur einen Hälfte den Sound in den frühen Jahren von Marillion charakterisiert. Marillion leben in dieser Zeit sehr auch von Fishs Präsenz, so wie dereinst Peter Gabriel Genesis ein Profil verleihte, was die zweite Hälfte des Sounds von Marillion ausmacht.
Ich halte "Script for a Jester's Tear" für ein wirklich gutes Album. Als Meilenstein des Progrocks sehe ich es aber nicht. Marillion waren Vorreiter der Neo-Prog Bewegung und in diesem Kontext gesehen ist das vorliegende Album gewiß ein Eckpfeiler für anderen Bands gewesen, aber rein musikalisch gesehen finde ich "IQ" zur gleichen Zeit bereits besser.
Das Album sollte aber in keiner Sammlung fehlen, es bietet einige brilliante Lieder, wenn diese auch nicht ganz die Qualität der Vorbilder Genesis und Yes und ihrer Kollegen von "IQ" erreichen.
12 Punkte
Fugazi
(1984 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
"Fugazi" zeigt einen weiterentwickelten Sound von Marillion, die sich auf einer Position im Vergleich zum Debut verändert haben. Gründungsmitglied Mick Pointer verließ im Streit mit Fish die Band (und legte sozusagen einen jahrelangen Winterschlaf ein, ehe er sich eindrucksvoll mit "Arena" zurückmeldete) und als neuer Schlagzeuger kam nach einigen Wirrungen Ian Mosley hinzu.
"Assassing" läßt das Album sehr temporeich und druckvoll beginnen, es gibt zwar ein "Vers-Chorus-Vers-Solo-Chorus" Schema und das Lied ist damit recht eingängig, aber es ist durchaus progressiv, vor allem, wenn man bedenkt, was 1984 sonst für Musik vorherrschte.
"Punch & Judy" ist ein sehr kurzes Rock/Pop Lied, das danach folgende "Jigsaw" ist sehr still ausgelegt. Es klingt dabei für mich ein wenig zu gleichförmig, es gibt zwar noch ein kurzes Gitarrensolo in der Mitte des Liedes aber irgendwie erwärmt mich die Musik nicht.
"Emerald Lies", das Fishs damalige Beziehung mit seiner Freundin zum Thema hat, beginnt um einiges mehr tempogeladen um sich dann allein auf Fishs Gesang, begleitet von einer Akustikgitarre zu konzentrieren, diese sehr intensive Stille weicht dann einem leidenschaftlichem Ende - das Lied ist sehr vielschichtig konstruiert und nach "Assassing" ein weiterer Progrock Höhepunkt.
Auf "She Chameleon" läßt eine Kirchenorgel das Lied beginnen. Das Stück ist im ersten Teil wieder sehr leise geraten, Fishs Gesang dominiert das Lied, allein die kurze, sich immer wiederholende, Melodiefolge auf der Kirchenorgel im Hintergrund und einige Keyboardklänge begleiten ihn, es gibt dann in der Mitte ein Keyboardsolo und etwas härteres Gitarrensolo - zum Schluß hin klingt das Lied aber mit dem selben Kirchenorgelsound aus, mit dem es begonnen hat. Diese hypnotische kleine Melodie durchsetzt also praktisch das ganze Lied - auf mich wirkt es leider dabei ein wenig langweilig, weil es außer im Mittelteil nicht genug Abwechslung gibt.
Die beiden letzten Stücke auf dem Album, "Incubus" und "Fugazi" bieten dann aber Progrock sehr hoher Qualität, abwechslungsreich und komplex arrangiert, womit die beiden Lieder auch den Höhepunkt des Albums und vielleicht auch von Marillions Musik insgesamt darstellen.
Mein Gesamteindruck aber ist ein wenig gemischt, hervorragende Lieder gibt es zwar einige, mit "Jigsaw" und "She Chameleon" für mich aber auch eher langweilige. Das Debutalbum wirkte da homogener von der Qualität her, auf "Fugazi" gibt es allerdings die besseren Einzelwerke.
12 Punkte
Misplaced Childhood
(1985 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
Misplaced Childhood ist für mich das beste Album von Marillion. Mit "Kayleigh" gab es den größten Singlehit für die Gruppe, der auch heute noch immer wieder auf diversen "Back to the 80ies" oder Kuschelrock-Samplern auftaucht. Charakteristisch hingegen ist "Kayleigh" als Song nicht für Marillion. Aber es war ihnen damit etwas vergönnt, was andere Neo-Prog Gruppen leider nie erreicht haben. Einen hochkarätigen und finanziell einträglichen Singlehit zu landen.
Das Konzeptalbum hat verlorene Kindheit und Liebe zum Thema, am Ende wird jedoch erkannt, daß alles immer noch in einem selbst vorhanden ist - auch das Kind, das man verloren glaubte.
Die Musik zeigt sich auf dem Album (vor allem bei "Kayleigh", aber auch dem balladenhaften "Lavender" z.B.) sehr eingängig und manchmal ist es auch "nur" noch purer Rock. Natürlich gibt es auch die progressiven Elemente immer noch, wenn sie auch zurückgesteckt haben.
Aber das Hauptaugenmerk bildet nun mal das gesamte Album, da es als Einheit zu verstehen ist und dort erzeugt es eine durchgehend intensive, sehr abwechslungsreiche Stimmung. Traurige und düstere Momente, kurze vorgetragene Gedichte, sehnsüchtige Augenblicke: Misplaced Childhood ist ein gelungenes Konzeptalbum - viel zu oft geraten diese ja überambitioniert oder überfrachtet. Nicht so hier. Die Lieder sind alle sehr zugänglich, erzeugen immer die gewünschte Stimmung und man kann die erzählte Geschichte jederzeit nachfühlen und miterleben.
Damit ist es um einiges besser als solche Werke wie "The Lamb Lies Down on Broadway" oder "Tales from Topographic Oceans". Es ist zwar bei weitem nicht so komplex und ambitioniert wie die beiden, aber musikalisch einfach besser gelungen.
Damit ist "Misplaced Childhood" ein Album, das jeder Progockfan kennen sollte.
13 Punkte
Clutching At Straws
(1987 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
Auch hier haben Marillion ein Konzeptalbum vorgelegt, das jedoch praktisch nur noch aus Rocksongs besteht, progressive Elemente haben sehr deutlich zurückgesteckt.
Die recht kompakten Rocksongs können aber auch gut gefallen und im damals typischen Marillion-Stil präsentieren sie sich auch noch, wie die Keyboards und die Gitarre belegen.
"Incommunicado" war der Singlehit des Albums, das sich recht gut kommerziell verkaufte. Meine Favoriten sind aber "Hotel Hobbies", "Warm Wet Circles" und "That Time of the Night", die das Album eröffnen und gewisserweise eine Trilogie dabei bilden. Die Lieder erzeugen eine intensive Stimmung und Fish präsentiert sich und seinen Gesangsstil in eindringlicher Weise, er verleiht der Musik den letzten Schliff und die besondere Wirkung.
Mit der Musik der frühen Marillion hat es dennoch nicht mehr sehr viel zu tun. Die Lieder sind alle im 4-5 Minuten Format und folgen mehr dem typischen Rockschema.
Fish war mit der musikalischen Richtung der Band nicht mehr einverstanden und verließ nach diesem Album Marillion. Und die erste Ära der Band ging somit zu Ende.
Als Album schätze ich dieses Schlußwerk der Fish-Ära etwas schwächer als "Misplaced Childhood" ein, auch ist es mit früheren Alben nicht mehr wirklich vergleichbar, da auf den beiden ersten Outputs der Band komplexere und längere Progrocklieder vorherrschten, die dem kompakteren Marillion-Sound gewichen sind. So gesehen ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, was einem besser gefällt.
Ich ziehe den etwas progressiveren Sound vor, weshalb ich "Clutching at straws" nicht ganz so sehr wie die Vorgängeralben mag. Auch wenn die erzeugte Stimmung hier wieder sehr intensiv gerät und sich mit "Misplaced Childhood" vergleichen läßt.
11 Punkte
Brave
(1994 - Hogarth, Kelly, Mosley, Rothery, Trewavas)
Brave ist das dritte Album mit dem neuen Sänger Steve Hogarth. Die 2. Ära von Marillion zeigt eine etwas gewandelte Musik, was natürlich mit dem Einfluß der jeweils verschiedenen Sänger zusammenhängt.
Marillion haben dabei aber konsequent ihren Stil weiterentwickelt, wobei es alten Fans nicht immer gefällt. Ich persönlich mochte Fishs Gesangsstil lieber, der für mich variantenreicher klang.
"Brave" jedenfalls ist ein gelungenes Konzeptalbum um ein junges Mädchen, das eines Abends auf einer Brücke steht, von Polizei umringt - doch das Mädchen sagt nichts. Sie steht einfach nur da...
Dieses real passierte Ereignis bildet den Ausgangspunkt der Geschichte. Die Stimmung ist aufgrund des Kontextes meist dunkel. Die Lieder selbst sind oft eher still, es fehlen aber auch die für Rothery typischen Gitarrensoli nicht. Die Musik entwickelt trotz der oft stillen Grundstimmung durchaus auch Dynamik und Leidenschaft. Man kann bei den einzelnen Stücken hier und da auch eindeutig den musikalischen Stil von früher noch erkennen. Es ist zwar mehr melodischer Rock als wirklicher Progrock, aber progressive Einflüsse sind sehr wohl noch vorhanden.
Brave ist eines der gelungeneren Konzeptalben, da es jederzeit - wie bei allen bisherigen Marillion-Konzeptalben - eine sehr intensive Stimmung erzeugt und damit auch die Geschichte interessant macht.
Die Musik jedoch fand ich insgesamt betrachtet bei "Misplaced Childhood" etwas besser, es erinnert mich hier eher mehr an "Clutching at straws". So oder so ist Brave ein sehr melodisches und gutes Rock-Album mit progressiver Tendenz, das auch Fans der alten Marillion antesten sollten.
12 Punkte
Afraid of Sunlight
(1995 - Hogarth, Kelly, Mosley, Rothery, Trewavas)
Man kann "Afraid of Sunlight" sicherlich kontrovers sehen. Es hat fast gar nichts mehr mit der Musik der Fish-Ära gemeinsam und als progressiven Rock kann man den präsentierten Stil überhaupt nicht mehr bezeichnen.
Statt dessen spielen Marillion melodische Rock Musik, die meist sehr entspannt daherkommt und gut klingt, wenn man sich der Tatsache öffnet, daß Marillion sich grundlegend gewandelt haben.
Eine Art "Frevel" mag für alte Fans der Song "Cannibal Surf Babe" sein, der Musik im besten Beach Boy Stil präsentiert. Ich finde es aber ehrlich gesagt recht witzig und es klingt irgendwie cool dabei. Nicht überragend, aber nett.
Wer mehr progressive Musik nur hören möchte von Marillion, der sollte einen weiten Bogen um das Album machen. Wer hingegen melodische Rockmusik auch mag, die auch noch sehr relaxed und angenehm still klingt dabei, kann auch hier durchaus seine Freude haben. Man sollte sich nur im klaren sein, daß der Stil fast gar nicht mehr an alte Werke erinnert.
Das Album bedeutete übrigens auch die Trennung vom EMI-Label, denen die Musik von Marillion nicht mehr kommerziell erfolgreich genug war.
10 Punkte
Die neueren Alben folgen..TO für den Musikzirkus
Script for a Jester's Tear
(1983 - Fish, Kelly, Pointer, Trewavas, Rothery)
Marillion waren zusammen mit "IQ" und teilweise auch "Pendragon" die Wegbereiter des Neo-Progs in den frühen 80er Jahren. Inspirationsquelle dieser Musik waren vor allem die frühen Genesis.
Als einzige Vertreter des Genres erreichten Marillion mit ihrer Musik dabei einen großen Bekanntheitsgrad und verkauften vor allem ihre letzten Alben mit Fish erfolgreich. Die in etwa zu gleicher Zeit beginnenden "IQ" hingegen, die für mich die um einiges bessere Musik spielen, sind außer in Progrockkreisen niemanden bekannt. In gewisser Weise genießen Marillion somit einen besonderen Status in der Neo-Prog Szene, da sie es sogar schafften, Singlehits in die Charts zu bringen. Das Debutalbum der Band bietet sehr lange, lyrische und stimmungsvolle Lieder. Der Gesang von Fish ist dabei sehr variantenreich, von gefühlvollen bis wütenden Stimmungen reicht hier seine Interpretation. Die Musik von Marillion wird dabei von Keyboards und Gitarre bestimmt - allerdings gibt es nicht ganz so lange Instrumentalpassagen wie bei anderen Gruppen des Genres, da hier die Musik mehr mit und von den Texten auch lebt.
Das Titelstück "Script for a Jester's Tear" beginnt mit den bedeutungsvollen Worten: "So here I am once more, in the playground of the broken hearts..." und bildet den beeindruckenden Anfang eines Albums, das - obwohl ein Debut - sehr ausgereift klingt. Als Vergleich sei hier das im selben Jahr erschienene "Tales from the lush attic" von "IQ" erwähnt, bei dem die Musik zwar mehr symphonischen Progrock bietet, dafür aber hier und da noch von der Produktion her unreif klingt (drei Tage dauerte diese nur, während Marillion mehrere Monate Zeit hatten im Studio).
Die anderen Lieder auf dem Album spielen fast alle auf dem gleichen hohen Niveau wie das Titelstück, wobei aber die Komplexität der Vorgänger aus den 70er Jahren nicht erreicht wird.
Herausragen tut für mich noch "The Web", das eine sehr dichte Stimmung erzeugt und wenn Fish zu Beginn die Enge eines kleinen Zimmers besingt, kann man die Beklemmung regelrecht spüren. "Garden Party" ist ein Liveklassiker der Band, es wird eine versnobte englische Gartenparty besungen und die gewiß bekannteste Zeile des Liedes ist "I'm rocking, I'm fucking..."
"Chelsea Monday" wartet im Mittelteil mit einem längeren Gitarrensolo von Steve Rothery auf, der zur einen Hälfte den Sound in den frühen Jahren von Marillion charakterisiert. Marillion leben in dieser Zeit sehr auch von Fishs Präsenz, so wie dereinst Peter Gabriel Genesis ein Profil verleihte, was die zweite Hälfte des Sounds von Marillion ausmacht.
Ich halte "Script for a Jester's Tear" für ein wirklich gutes Album. Als Meilenstein des Progrocks sehe ich es aber nicht. Marillion waren Vorreiter der Neo-Prog Bewegung und in diesem Kontext gesehen ist das vorliegende Album gewiß ein Eckpfeiler für anderen Bands gewesen, aber rein musikalisch gesehen finde ich "IQ" zur gleichen Zeit bereits besser.
Das Album sollte aber in keiner Sammlung fehlen, es bietet einige brilliante Lieder, wenn diese auch nicht ganz die Qualität der Vorbilder Genesis und Yes und ihrer Kollegen von "IQ" erreichen.
12 Punkte
Fugazi
(1984 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
"Fugazi" zeigt einen weiterentwickelten Sound von Marillion, die sich auf einer Position im Vergleich zum Debut verändert haben. Gründungsmitglied Mick Pointer verließ im Streit mit Fish die Band (und legte sozusagen einen jahrelangen Winterschlaf ein, ehe er sich eindrucksvoll mit "Arena" zurückmeldete) und als neuer Schlagzeuger kam nach einigen Wirrungen Ian Mosley hinzu.
"Assassing" läßt das Album sehr temporeich und druckvoll beginnen, es gibt zwar ein "Vers-Chorus-Vers-Solo-Chorus" Schema und das Lied ist damit recht eingängig, aber es ist durchaus progressiv, vor allem, wenn man bedenkt, was 1984 sonst für Musik vorherrschte.
"Punch & Judy" ist ein sehr kurzes Rock/Pop Lied, das danach folgende "Jigsaw" ist sehr still ausgelegt. Es klingt dabei für mich ein wenig zu gleichförmig, es gibt zwar noch ein kurzes Gitarrensolo in der Mitte des Liedes aber irgendwie erwärmt mich die Musik nicht.
"Emerald Lies", das Fishs damalige Beziehung mit seiner Freundin zum Thema hat, beginnt um einiges mehr tempogeladen um sich dann allein auf Fishs Gesang, begleitet von einer Akustikgitarre zu konzentrieren, diese sehr intensive Stille weicht dann einem leidenschaftlichem Ende - das Lied ist sehr vielschichtig konstruiert und nach "Assassing" ein weiterer Progrock Höhepunkt.
Auf "She Chameleon" läßt eine Kirchenorgel das Lied beginnen. Das Stück ist im ersten Teil wieder sehr leise geraten, Fishs Gesang dominiert das Lied, allein die kurze, sich immer wiederholende, Melodiefolge auf der Kirchenorgel im Hintergrund und einige Keyboardklänge begleiten ihn, es gibt dann in der Mitte ein Keyboardsolo und etwas härteres Gitarrensolo - zum Schluß hin klingt das Lied aber mit dem selben Kirchenorgelsound aus, mit dem es begonnen hat. Diese hypnotische kleine Melodie durchsetzt also praktisch das ganze Lied - auf mich wirkt es leider dabei ein wenig langweilig, weil es außer im Mittelteil nicht genug Abwechslung gibt.
Die beiden letzten Stücke auf dem Album, "Incubus" und "Fugazi" bieten dann aber Progrock sehr hoher Qualität, abwechslungsreich und komplex arrangiert, womit die beiden Lieder auch den Höhepunkt des Albums und vielleicht auch von Marillions Musik insgesamt darstellen.
Mein Gesamteindruck aber ist ein wenig gemischt, hervorragende Lieder gibt es zwar einige, mit "Jigsaw" und "She Chameleon" für mich aber auch eher langweilige. Das Debutalbum wirkte da homogener von der Qualität her, auf "Fugazi" gibt es allerdings die besseren Einzelwerke.
12 Punkte
Misplaced Childhood
(1985 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
Misplaced Childhood ist für mich das beste Album von Marillion. Mit "Kayleigh" gab es den größten Singlehit für die Gruppe, der auch heute noch immer wieder auf diversen "Back to the 80ies" oder Kuschelrock-Samplern auftaucht. Charakteristisch hingegen ist "Kayleigh" als Song nicht für Marillion. Aber es war ihnen damit etwas vergönnt, was andere Neo-Prog Gruppen leider nie erreicht haben. Einen hochkarätigen und finanziell einträglichen Singlehit zu landen.
Das Konzeptalbum hat verlorene Kindheit und Liebe zum Thema, am Ende wird jedoch erkannt, daß alles immer noch in einem selbst vorhanden ist - auch das Kind, das man verloren glaubte.
Die Musik zeigt sich auf dem Album (vor allem bei "Kayleigh", aber auch dem balladenhaften "Lavender" z.B.) sehr eingängig und manchmal ist es auch "nur" noch purer Rock. Natürlich gibt es auch die progressiven Elemente immer noch, wenn sie auch zurückgesteckt haben.
Aber das Hauptaugenmerk bildet nun mal das gesamte Album, da es als Einheit zu verstehen ist und dort erzeugt es eine durchgehend intensive, sehr abwechslungsreiche Stimmung. Traurige und düstere Momente, kurze vorgetragene Gedichte, sehnsüchtige Augenblicke: Misplaced Childhood ist ein gelungenes Konzeptalbum - viel zu oft geraten diese ja überambitioniert oder überfrachtet. Nicht so hier. Die Lieder sind alle sehr zugänglich, erzeugen immer die gewünschte Stimmung und man kann die erzählte Geschichte jederzeit nachfühlen und miterleben.
Damit ist es um einiges besser als solche Werke wie "The Lamb Lies Down on Broadway" oder "Tales from Topographic Oceans". Es ist zwar bei weitem nicht so komplex und ambitioniert wie die beiden, aber musikalisch einfach besser gelungen.
Damit ist "Misplaced Childhood" ein Album, das jeder Progockfan kennen sollte.
13 Punkte
Clutching At Straws
(1987 - Fish, Kelly, Mosley, Trewavas, Rothery)
Auch hier haben Marillion ein Konzeptalbum vorgelegt, das jedoch praktisch nur noch aus Rocksongs besteht, progressive Elemente haben sehr deutlich zurückgesteckt.
Die recht kompakten Rocksongs können aber auch gut gefallen und im damals typischen Marillion-Stil präsentieren sie sich auch noch, wie die Keyboards und die Gitarre belegen.
"Incommunicado" war der Singlehit des Albums, das sich recht gut kommerziell verkaufte. Meine Favoriten sind aber "Hotel Hobbies", "Warm Wet Circles" und "That Time of the Night", die das Album eröffnen und gewisserweise eine Trilogie dabei bilden. Die Lieder erzeugen eine intensive Stimmung und Fish präsentiert sich und seinen Gesangsstil in eindringlicher Weise, er verleiht der Musik den letzten Schliff und die besondere Wirkung.
Mit der Musik der frühen Marillion hat es dennoch nicht mehr sehr viel zu tun. Die Lieder sind alle im 4-5 Minuten Format und folgen mehr dem typischen Rockschema.
Fish war mit der musikalischen Richtung der Band nicht mehr einverstanden und verließ nach diesem Album Marillion. Und die erste Ära der Band ging somit zu Ende.
Als Album schätze ich dieses Schlußwerk der Fish-Ära etwas schwächer als "Misplaced Childhood" ein, auch ist es mit früheren Alben nicht mehr wirklich vergleichbar, da auf den beiden ersten Outputs der Band komplexere und längere Progrocklieder vorherrschten, die dem kompakteren Marillion-Sound gewichen sind. So gesehen ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, was einem besser gefällt.
Ich ziehe den etwas progressiveren Sound vor, weshalb ich "Clutching at straws" nicht ganz so sehr wie die Vorgängeralben mag. Auch wenn die erzeugte Stimmung hier wieder sehr intensiv gerät und sich mit "Misplaced Childhood" vergleichen läßt.
11 Punkte
Brave
(1994 - Hogarth, Kelly, Mosley, Rothery, Trewavas)
Brave ist das dritte Album mit dem neuen Sänger Steve Hogarth. Die 2. Ära von Marillion zeigt eine etwas gewandelte Musik, was natürlich mit dem Einfluß der jeweils verschiedenen Sänger zusammenhängt.
Marillion haben dabei aber konsequent ihren Stil weiterentwickelt, wobei es alten Fans nicht immer gefällt. Ich persönlich mochte Fishs Gesangsstil lieber, der für mich variantenreicher klang.
"Brave" jedenfalls ist ein gelungenes Konzeptalbum um ein junges Mädchen, das eines Abends auf einer Brücke steht, von Polizei umringt - doch das Mädchen sagt nichts. Sie steht einfach nur da...
Dieses real passierte Ereignis bildet den Ausgangspunkt der Geschichte. Die Stimmung ist aufgrund des Kontextes meist dunkel. Die Lieder selbst sind oft eher still, es fehlen aber auch die für Rothery typischen Gitarrensoli nicht. Die Musik entwickelt trotz der oft stillen Grundstimmung durchaus auch Dynamik und Leidenschaft. Man kann bei den einzelnen Stücken hier und da auch eindeutig den musikalischen Stil von früher noch erkennen. Es ist zwar mehr melodischer Rock als wirklicher Progrock, aber progressive Einflüsse sind sehr wohl noch vorhanden.
Brave ist eines der gelungeneren Konzeptalben, da es jederzeit - wie bei allen bisherigen Marillion-Konzeptalben - eine sehr intensive Stimmung erzeugt und damit auch die Geschichte interessant macht.
Die Musik jedoch fand ich insgesamt betrachtet bei "Misplaced Childhood" etwas besser, es erinnert mich hier eher mehr an "Clutching at straws". So oder so ist Brave ein sehr melodisches und gutes Rock-Album mit progressiver Tendenz, das auch Fans der alten Marillion antesten sollten.
12 Punkte
Afraid of Sunlight
(1995 - Hogarth, Kelly, Mosley, Rothery, Trewavas)
Man kann "Afraid of Sunlight" sicherlich kontrovers sehen. Es hat fast gar nichts mehr mit der Musik der Fish-Ära gemeinsam und als progressiven Rock kann man den präsentierten Stil überhaupt nicht mehr bezeichnen.
Statt dessen spielen Marillion melodische Rock Musik, die meist sehr entspannt daherkommt und gut klingt, wenn man sich der Tatsache öffnet, daß Marillion sich grundlegend gewandelt haben.
Eine Art "Frevel" mag für alte Fans der Song "Cannibal Surf Babe" sein, der Musik im besten Beach Boy Stil präsentiert. Ich finde es aber ehrlich gesagt recht witzig und es klingt irgendwie cool dabei. Nicht überragend, aber nett.
Wer mehr progressive Musik nur hören möchte von Marillion, der sollte einen weiten Bogen um das Album machen. Wer hingegen melodische Rockmusik auch mag, die auch noch sehr relaxed und angenehm still klingt dabei, kann auch hier durchaus seine Freude haben. Man sollte sich nur im klaren sein, daß der Stil fast gar nicht mehr an alte Werke erinnert.
Das Album bedeutete übrigens auch die Trennung vom EMI-Label, denen die Musik von Marillion nicht mehr kommerziell erfolgreich genug war.
10 Punkte
Die neueren Alben folgen..TO für den Musikzirkus