Wynton Marsalis - He And She

wieder etwas Neues des Trompeters....

 
firebyrd
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Wynton Marsalis - He And She

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Gepostet: 08.04.2009 - 08:33 Uhr  ·  #1
Wynton Marsalis - He And She

Der Wynton macht, was er will…

Nachdem er einst von Art Blakey in dessen Jazz Messengers entdeckt (das war 1980) und ob seiner Virtuosität auch gefördert wurde, ist es nie still geworden um den 1961 in New Orleans geborenen Trompeter.
Anfänglich von einigen Kritikern als Miles Davis-Imitator gescholten, entwickelte er bald einen eigenen Stil. Orientiert hatte er sich sicher an Miles, wie aber auch am klassischen Vorbild Louis Armstrong.

Anfänglich, und da war er dann auch schon wieder Zielscheibe Einiger, packte man ihn in die Schublade 'Neo Bop', man bezichtigte ihn mitunter, den Hard Bop einfach nur aufzuwärmen, und das auf eine relativ langweilige Weise.

Man kann letztlich von ihm halten was man will, er ist und bleibt ein virtuoser Trompeter mit einem sehr kraftvollen Ton.

In den letzten Jahren widmete er sich zunehmend thematischen Projekten, sei es Ken Burns' Dokumentation "Unforgivable Blackness: The Rise And Fall Of Jack Johnson", einer Abhandlung afro-amerikanischer Musik auf "From The Plantation To The Penitentiary", und nun mit der neuen CD einem Verhältnis, das so alt ist wie die Menschheit, nämlich jenem zwischen Mann und Frau - entsprechend der Titel "He And She".
Neu ist, dass neben der Musik - daher die Menge der Tracks - auch eigene Poesie vorgetragen wird, und das von Herrn Marsalis persönlich.
Diese dienen jeweils als Einführung für die nachfolgenden Musikstücke. Im Blue Note-Pressetext heißt es dazu:

»...vielmehr ist es eine Lebensgeschichte, ein bittersüßes Nachsinnen über die Vergänglichkeit des Lebens sowie über die Flüchtigkeit romantischer Liebe. Zeit spielt auf "He And She" natürlich eine zentrale Rolle: das unnachgiebige Fließen der Zeit über die Spanne eines Lebens, die zeitlichen Stimmungswechsel im Verlaufe eines Songs.«
Und weiter:
»In seinem Gedicht, das sich durchs ganze Album zieht, evoziert Marsalis das Bild eines Countrybluesmusikers im freien Schaffensprozess, denn wie bei vielen anderen Arbeiten von Marsalis spielt auch auf "He And She" der Blues eine wichtige Rolle.«

Sicher kein leichtes Unterfangen, diese Ambitionen musikalisch umzusetzen.
So finden wir auch verschiedene Stilausprägungen, seien es bluesangehauchte Titel, seien es Elemente, die man vielleicht am ehestens in die Nähe der Kompositionen Kurt Weills setzen kann oder auch frühe Einflüsse aus New Orleans, besonders im ersten Track ("School Boy"), das mit Bestandteilen des Ragtime spielt. Das dezent swingende "The Sun And The Moon" nimmt in seinem wechselvollem Verlauf mit gestopft gespielter Trompete und ineinander verflochten agierendem Saxofon auch Elemente des Soul-Jazz der 60er auf, sehr gut arrangiert und ein hochsensibles Stück!

Verspielt swingende Nummern ("Sassy") in feinster Hard Bop-Tradition, Songs, die 'filmmusiktauglich' klingen ("Fears") - gut für einen 'film noir' - und das für mich wichtigste Stück, das mit 12:05 auch längste - "Razor Rim" - welches äußerst dicht und komplex mit raffinierter Rhytmusstruktur zu begeistern weiß, werden ergänzt durch hochemotional dargebotene Balladen wie "Zero" oder das wirklich sehr schöne "First Slow Dance" in elegantem Walzertakt.
Es gibt ungewöhnlich erscheinende Nummern wie "First Crush" mit einer gewissen Dramatik durch ein nervöses Saxofon im Gegenpart zur ruhigen Trompete, und zu guter letzt das sehr mit Blueselementen gespickte, seelenvolle "A Train, A Banjo, And A Chicken Wing", bevor sich Marsalis mit fünf Minuten langen Worten und "He And She" verabschiedet.

Eine wirklich sehr ungewöhnliche Platte, bei der es schon wichtig ist - will man sie in ihrer Gesamtheit genießen - sich mit den Texten näher zu beschäftigen, was demnach gutes Zuhörvermögen und gute Englischkenntnisse voraussetzt.

Andererseits kann man auch gut den Player so programmieren, dass man nur die Musik hört, denn im Verlauf eines reinen Zuhörens derselben wirken die 'Poems' mitunter im Fluss störend.

Über alle Zweifel erhaben ist die Leistung der Musiker, die allesamt eine ganz hervorragende und äußerst professionelle Darbietung vorlegen. Neben Marsalis sind es vor allem der mir noch gar nicht so bekannte Saxofonist Blanding und der Schlagzeuger Jackson, die mich beide mit ihrem großartigen Spiel sehr beeindrucken!

Hier sind sie alle:

Wynton Marsalis (trumpet)
Walter Blanding (saxophones)
Dan Nimmer (piano)
Carlos Hendriquez (bass)
Ali Jackson (drums)


Und hier noch die Titel:



01:Poem
02:School Boy
03:Poem
04:The Sun And The Moon
05:Poem
06:Sassy
07:Poem
08:Fears
09:Poem
10:The Razor Rim
11:Poem
12:Zero
13:Poem
14:First Crush
15:First Slow Dance
16:First Kiss
17:First Time
18:Poem
19:Girls!
20:Poem
21:A Train, A Banjo, And A Chicken Wing
22:He And She


Wolfgang
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