WDR Big Band Köln - Caribbean Night

Karibik in Köln

 
firebyrd
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WDR Big Band Köln - Caribbean Night

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Gepostet: 12.05.2010 - 08:26 Uhr  ·  #1
WDR Big Band Köln - Caribbean Night

Präsentiert wird diese neue Platte der Rundfunk-Big-Band vom Magazin 'Jazzthing'.
Weitere Einzelheiten erfahren wir ebenfalls bereits auf dem Cover, nämlich, dass die Band von Vince Mendoza geleitet wird und man mit Musikern wie Andy Narell, Peter Erskine und Luis Conte rechnen muss.

Im Booklet befindet sich eine kleine Anzeige von 'Jazzthing', in der als Überschrift prangt: »Jazz Flows In All Directions«.
Eine sehr gelungene Aussage, die ich als jahrzehntelanger Jazzfan nur unterstreichen kann!
Zudem passt sie auf diese CD, denn hier fließt der Jazz gleich in mehrere Richtungen.
Die WDR Big Band Köln hat sich über Jahre hinaus zwischenzeitlich einen guten Ruf als hochwertige Truppe erspielt. Projekte wie "The World Of Duke Ellington", "Blues & Beyond" mit dem Sänger Joe Williams, Einspielungen mit Hiram Bullock oder Abdullah Ibrahim und einigen anderen geben davon ein umfassendes Zeugnis ab. Auf der unten angegebenen Website empfehle ich hierzu näheres nachzulesen!

Die ohnehin sehr hochkarätig präzise agierende Band wird unterstützt durch absolute Spitzenkräfte, wie ich eingangs erwähnte.

Vince Mendoza ist ein amerikanischer Musiker, Komponist und Arrangeur, einigen vielleicht spätestens bekannt durch sein großartiges Projekt "Jazzpaña", auf dem sich unter anderen Al Di Meola tummelte.

Mein persönlicher Star dieser Produktion ist der 'Steel Pan'-Spieler Andy Narell aus New York, der ein ganz fantastisches 'Trinidad-Feeling' einbringt, wobei ihn auch noch drei weitere Musiker auf der Steel Drum unterstützen. Durch einen Titel, der auf einem Soundtrack verwendet wurde, lernte ich diesen Musiker kennen und bin seitdem den Steel Drums als Jazzinstrument verfallen.
Auch Billy Cobham hatte oder hat noch in seiner Band einen entsprechenden Musiker. Das sorgt für eine ganz besondere Klangfarbe und gibt der Musik unglaubliche Fröhlichkeit und Auflockerung.
Da passt es natürlich sehr gut, dass mit dem hervorragenden Perkussionisten Luis Conte noch ein kubanisches Element hinzukommt, noch etwas mehr Feuer unter die ohnehin schon heißen Bläser, denen ich an dieser Stelle schon einmal vorweg ein großes Lob ob ihrer Virtuosität aussprechen muss, dazu später mehr.

Die dazu weitere treibende Kraft ist der absolute Profidrummer Peter Erskine, ein Weltklassemann, den man hier gewinnen konnte.
Erskine aus New Jersey hat an bereits über 700 Produktionen mitgewirkt, egal, ob Pop, Rock oder Jazz. Bekannt geworden dürfte er allerdings durch seine Arbeit mit Weather Report geworden sein. Beste Voraussetzungen für ein außergewöhnliches Projekt, das mich nicht eine Sekunde oder eine Note lang enttäuscht, denn hier stimmt einfach alles.

Keine Frage, das ist einen Tipp wert!

Mit "Jenny's Room" startet die Platte noch relativ verhalten, ein lasziv dahinschleichender Rhythmus, der bereits nach kurzer Zeit dezent von Perkussion und Steel Drum umspielt wird. Das Bläserarrangement ist herrlich, entwickelt sich langsam und treibt den Titel an, der alsbald mit karibischem Feuer zu glänzen weiß. Perkussion und Drums bringen solch geschmeidigen Rhythmus in das Geschehen, man kann nicht ruhig dabei bleiben, dann ein Steel Drum-Solo, dass ein perfektes Zwischenspiel bietet, bevor Erskine und die Bläser wieder massiv Druck machen, ein perlendes Pianosolo ist ein nächster Höhepunkt in dieser ständig brodelnden Atmosphäre.
Bei "Pan Woman", dem nächsten Stück, fällt mir sofort der Begriff 'Salsa' ein, hier können Hüften eigentlich gar nicht ruhig bleiben. Die Steel Drums sind clever in die Begleitung der Blasinstrumente eingebunden, Mendoza legt ein Superarrangement vor! Die Steel Drums bestimmen auch das Sologeschehen, bis nach etwa fünf Minuten Spielzeit ein kraftvolles Solo auf dem Tenorsaxofon startet. Leider kann ich keine Angabe dazu finden, welcher der beiden Tenoristen das ist, jedenfalls ein ausdrucksstarkes Solo ist das!

"Babe Of The Day" weist starke Fusionelemente auf, mich erinnert es bisweilen atmosphärisch an Weather Report, jeden Augenblick könnte Wayne Shorter losbrechen, doch sind es auch wieder Steel Drums und einer der beiden Saxofonisten, die sich hervorragend als Solisten präsentieren. Ebenso als wirklich exquisit sind auch wieder das Arrangement und die verdammt lockere und antreibende Schlagzeugarbeit von Peter Erskine lobend zu erwähnen!

Eine Nummer von Andy Narell als nächstes, die nach einer kurzen Einleitung durch Piano und Steel Drum sanft losgaloppiert. Ja, das ist schon wieder lateinamerikanisches Feuer, welches trotz der Glut kalte Schauer des Wohlgefühls erzeugt, ein wahres Prickeln und Gänsehaut sind garantiert, das ist wahres 'Summer Feeling' und keines der Sorte, die uns durch Medien als 'Sommerhits' verkauft werden soll. Das ist schlaff gegen das hier, auch wenn dieser Track etwas ruhiger angegangen wird. Neben dem Pianisten wird hier auch noch einer der Posaunisten gefeatured.

"Groove Town" stellt eine Ausnahme dar, ist doch ein Sänger hinzugezogen worden. Ach, das 'klickert und klackert' gleich wieder so los, eine wahre Wohltat, dazu ein feiner "Groove" - der Titel lässt es erahnen - dann setzt David Rudder ein und singt von der "Groove Town" und beschreibt diesen Ort als einen, an dem man es gut aushalten kann (»...it must be groove town«). Ja, da möchte man gleich dabei sein und dann diese Musik dazu genießen!
Später präsentiert Rudder noch eine kleine Rap-Einlage und zwar so perkussiv, dass er Bestandteil dieses sich beständig in Bewegung befindenden Rhythmus wird. Ein wahrlich mitreißendes Stück, man wünscht sich unwillkürlich mehr davon.
Mehr gibt es mit dem längsten Song der Platte, dem leider letzten.
Eine kurze Einleitung durch ein Solo auf dem Altsaxofon, dann nimmt die Brillanz der Arrangements mit sich ständig verändernden und sich steigernden und wieder abschwellenden Elementen ihren Lauf und gewinnt an Dramatik, die Steel Pans rollen noch einmal gewaltig, der Bassist darf auch einen kleinen Beitrag einstreuen.
Zum Schluss lässt die Band noch einmal so richtig 'die Sau raus', die Bläser drücken gegen den Rhythmus, man fährt wieder herunter, das Alto und die Steel Pan werfen sich kleine Bälle zu und dann der Abschluss, zack, aus!
Klasse gemacht, hervorragend, gleich den ersten Titel wieder anwerfen!
Um die anfängliche Bemerkung wieder aufzugreifen - der Jazz fließt auf dieser Platte in eine ganz hervorragende und einmalige Richtung, das ist ein ganz breiter Fluss, bereit, alles mitzureißen ...

Aufgenommen wurde übrigens im Juni 1997 im WDR Studio Köln.

In dieser Besetzung:

Andy Haderer (trumpet)
Rob Bruynen (trumpet)
Klaus Osterloh (trumpet)
Rick Kiefer (trumpet)
John Marshall (trumpet)
Dave Horler (trombone)
Ludwig Nuss (trombone)
Bernt Laukamp (trombone)
Lucas Schmid (bass-trombone)
Heiner Wiberny (alto saxophone)
Harald Rosenstein (alto saxophone)
Olivier Peters (tenor saxophone)
Rolf Römer (tenor saxophone)
Jens Neufang (baritone saxophone)
Frank Chastenier (additional keyboards)

Plus:
Andy Narell (steel drums)
Ray Holman (steel drums)
Tom Miller (steel drums)
Alan Lightner (steel drums)
Dario Eskenazi (keyboards)
Michel Alibo (bass)
Peter Erskine (drums)
Luis Conte (percussion)
Marcio Doctor (percussion)
David Rudder (vocals - #5)

Titelfolge:

01:Jenny's Room (David Rudder, arr. by Tom Scott) 8:51
02:Pan Woman (Winsford Devine & Ray Holman, arr. by Vince Mendoza) 8:39
03:Babe Of The Day (Vince Mendoza, arr. by Vince Mendoza) 8:17
04:Shadow Play (Andy Narell, arr. by Jim McNeely) 8:40
05:Groove Town (Ray Holman, arr. by Vince Mendoza) 8:11
06:Orange Guitars (Vince Mendoza, arr. by Vince Mendoza) 11:08

Zum Stöbern:

http://www.wdr.de/radio/orchester/bigband/index.html


Wolfgang
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Re: WDR Big Band Köln - Caribbean Night

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Gepostet: 12.05.2010 - 10:07 Uhr  ·  #2
das macht neugierig - diese Radio-Orchester scheinen ja wirklich mehr zu sein, als man so annehmen würde.

Hier ein etwas südlicheres Exponat welches ich auch sehr schätze:

Jack Bruce & HR-Big Band
http://www.amazon.de/HR-Bigban…B000XTBB92
hmc
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Re: WDR Big Band Köln - Caribbean Night

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Gepostet: 12.05.2010 - 12:55 Uhr  ·  #3
Danke Euch beiden, so kommen einige Cent auf unser Konto.

:rocker: - ich habe beide geordert.

Klasse Rezi übrigens. :daumen:
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