Jürgen Attig - Aventureiro

ein lieber Gruß an JACO!

 
firebyrd
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Jürgen Attig - Aventureiro

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Gepostet: 17.04.2012 - 07:59 Uhr  ·  #1
Jürgen Attig - Aventureiro


Hier geht es nicht 'Im Taxi nach Paris', dem einstigen Hit der Band Felix De Luxe, bei der Attig einst mitwirkte und, sollten sie einmal wieder auf Tournee sein, möglicherweise wieder dabei sein wird. Das Ziel ist eindeutig entfernungsmäßig als auch musikalisch weiter gesteckt, bis nach Brasilien.

Musikalisch war er bisher in verschiedenen Sparten aktiv, so dass gute Voraussetzungen für das Debütalbum des Hildesheimer Bassisten vorlagen. Der erste Schritt hin zu diesem Album war sicher jener im Jahre 1997, als er zusammen mit der NDR Big Band ein Tribut an den verstorbenen Kollegen Jaco Pastorius mitgestaltete. Denn diese Platte kann man durchaus als eine weitere Ehrung des Amerikaners werten, nicht nur, weil ihm von der mittlerweile auch verstorbenen Witwe Ingrid Pastorius zur Verfügung gestellte Samples verwendet werden. Unter anderen hört man Jaco, wie er lacht, das ist der Titel zehn.

Doch beginnen wir von vorn, da sind wir gleich mittendrin im brasilianischen Karneval, so scheint es.
Im zweiten Stück wird die weitere Richtung bereits angezeigt, das trägt starke Spuren von Weather Report. Und da es eine Widmung an einen derer Bassisten sein soll, ist es nicht verwunderlich, dass sich Attig dann auch oft stark an Pastorius orientiert. Nur die Keyboards sind weit von dem entfernt, was Joe Zawinul einst damit zauberte. Hier dienen sie einfach nur der Klanggestaltung insgesamt. Das Gitarrensolo lockert den Sound angenehm auf.

Wie ein Originalsample aus den Dreißigern mit Mississippi Blues-Feeling startet der dritte Titel und so bietet er auch ein kurzes Statement auf der Mundharmonika. Ansonsten ein eher schwacher Titel, der mir recht nichtssagend und insgesamt ausdruckslos ist, vielleicht verstehe ich eine mögliche Absicht dahinter auch nicht, jedenfalls ist das durchschnittliche Fusionkost mit unnötigen Beigaben.

"Carnasie" ist da schon wieder eindeutiger und der Einsatz von Steel Pans belebt die Atmosphäre angenehm. Erneut geht das in Richtung Weather Report und generell in die Richtung des Jazz Rocks der Siebziger, nur etwas geglätteter. Unstrittig des Bassisten gute Leistung, mit der er sich stets dezent im Hintergrund hält. Ja, das ist beileibe kein Egotrip des Musikers. Aber insgesamt stellen sich alle Beteiligten in den Dienst der Sache und heben sich nicht besonders heraus. So ist mit Ausnahmen eine sehr dichte Atmosphäre entstanden, der aus meiner Sicht nur ab und zu etwas mehr Improvisation und Ausbruch aus der Ordnung gut getan hätte.
Aber auch die kleinen Soli sind sehr fein, zeugen von Engagement und hoher Musikalität. Sehr gut gefällt mir in diesem Zusammenhang das Pianosolo auf Track vier, gespielt von Ray Lyons.
"Sinomkhuseli Wethu", der fast unaussprechliche Titel, kutschiert uns nach Afrika und zeigt die Vielseitigkeit der Musik und derer Einflüsse auf. "Sempre", wieder mit Akustikpiano, ist angenehm ruhig und mit sanftem südamerikanischen Tanzrhythmus (ist es eine Rhumba?) werden wir in eine kleine Träumerei verwickelt, mitgetragen von lasziver Perkussion. Ähnlich ruhig bleibt es, wenn Gaststar Raul Midón balladesk anhebt in der "Velvet Zone".

Eine weitere Ausnahme bildet das mit reichlich Bläsern bestückte "Cactus Pie". Hier geht es sehr kraftvoll über die Runden, das ist pure Latin-Lust und dazu das Jazzstück der Platte mit Soli von Trompete und Saxofon. Die Kombination mit den Steel Pans ist trefflich gelungen, eine wahrlich 'swinging affair'!
Zum Schluss dann der Titel mit den Samples, die uns Jaco noch einmal hören lassen, ganz zum Schluss mit einem Lacher zum Abschied.

Fazit: Eine moderne Fusionscheibe, wie sie wohl nur so mit diesen Musikern entstehen konnte, denn diese Ansammlung von Profis kann als einziges Manko am ehesten Perfektion bieten. Klar, wie ich bereits ausführte, perfekt ist es, manchmal vielleicht auch zu viel, aber keineswegs gefühlskalt und emotionslos. Und Attig hat seine Jaco-Lektionen auch gut gelernt. So hat er sich durch dieses Album zu einem wichtigen Bassisten der deutschen Fusion-Szene etabliert. Für ihn mag das Album, gemäß des Titels, sicher ein Abenteuer gewesen sein, ob sich der Hörer auch als Abenteurer fühlen mag, sollte jeder selbst entscheiden.
Für mich als alter Jazz-Rocker ist diese Musik kein Abenteuer mehr, aber eine gelungene Ergänzung des bereits Bekannten.

Die zahlreichen Musiker:

Jürgen Attig (Fender bass - #1, 2, 3, 6-10, keyboards - #1-6, 8-10, kalimba - #2, 5, mouth percussion - #2, drum programming - #2, bass vocoder - #2, slide guitar - #3, Marleaux 7 string bass - #4, 5, samples - #4, 7, 10, drums/percussion samples - #5, keyboard solo - #7, symphonic orchestra arrangement - #7, 10)
Ronaldo Nascimento (vocals - #1)
Archie Peña (drums - #1-4, 7, 8, 9, percussion - #1, 3, 4, 6, 9, 10)
Leo Quinterno (acoustic guitar - #1)
Ulita Knaus (backing vocals - #1)
Ali Lee (backing vocals - #1, vocals - #2)
Robert Thomas Jr. (hand drums - #2, 8, lap percussion - #2)
Randy Bernsen (electric guitar - #2, 3, 8, 9, acoustic steel string guitar - #4, acoustic guitar - #6)
Johnny de Orleans (narrator - #3, blues harp - #3)
Othello Molineaux (steel pans - #4, 8, 9, steel drums - #10)
Ray Lyons (acoustic grand piano - #4, 6)
Sibonginesi Ndlovu (main vocals - #5, backing vocals - #5, vocal arrangement - #5)
Peter Thomas (marimbaphone - #5)
Tonia Elisabeth (vocals - #6)
Raul Midón (vocals - #7)
Lutz Büchner (tenor sax - #9)
Michael Leuschner (french horn - #9, trumpet - #9)
Tony Conception (trumpet solo - #9)
Bradley Nyström (tuba - #9)
Jansen Folkers (violin - #9)
Ingmar Süberkrüb (viola - #9)
Katie Zahn (piccolo flute - #9)
Randy Singer (chromatic harp - #10)
Jaco Pastorius - Samples (drum snippet - #10, voice - #10, steps - #10, laughter - #10)

Die Titel:

01:Aventureiro
02:White Viper Waltz
03:Da Wail
04:Canarsie
05:Sinomkhuseli Wethu
06:Sempre
07:Velvet Zone
08:High Jock
09:Cactus Pie
10:The Pan Handler
(all music composed and arranged by Jürgen Attig



http://www.juergenattig.com/

Wolfgang
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