The Dixon Brothers - A Blessing To People

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firebyrd
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The Dixon Brothers - A Blessing To People

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Gepostet: 20.08.2012 - 09:13 Uhr  ·  #1
The Dixon Brothers - A Blessing To People


Es ist wieder einmal fast unglaublich! Richard Weize von Bear Family Records sollte mit dem Bundesverdienstkreuz am künstlerisch-gestalterischen Bande ausgezeichnet werden!
Ob es nun Editionen von Jerry Lee Lewis, Duane Eddy, The Petards oder die umwerfende Komplett-Single-Sammlung von Sun Records auf 24 CDs ist, die 'Bärenfamilie' um Richard Weize vermag es immer wieder, in bewunderndes Staunen zu versetzen.

Dorsey und Howard Dixon, das waren die Dixon Brothers. Dorseys Geburtstag ist der 5. Oktober 1897 und Howards der 9. Juni 1903. Groß geworden sind sie demnach in etwa mit meinen Großeltern... ja, wie die Zeit vergeht... und wie das verdeutlicht, welche Zeitreise wir hier nun unternehmen müssen.

Wir schreiben die Jahre 1936 bis 1938, als die Aufnahmen dieser Kollektion entstanden sind. 1936 - für mich als Bluesfan ist das natürlich ein historisches Jahr, war es doch Robert Johnson, der am 23. November 1936 im Zimmer 414 des Gunter Hotels in San Antonio/Texas, einige seiner legendären Aufnahmen einspielte. Damit habe ich den Brückenschlag zu den Dixon Brothers vollzogen, denn lausche ich den ersten Klängen der ersten CD, dann vernehme ich ganz stark eine Bluesausrichtung, jene des Mississippideltas, den Country Blues.
Hinzu kommt, dass die Aufnahmen seinerzeit von Bluebird Records, einem Sublabel von RCA, veröffentlicht wurden - einem Label, das ich vorwiegend auch aus dem Bluesbereich kenne, von Künstlern wie Tampa Red oder Sonny Boy Williamson I zum Beispiel. Aber das Label war auch im Jazz- und Country/Folk-Bereich rührig.
Unter Berücksichtigung dessen, dass man heute mit teilweise 'überfrachteter Musik' lebt, muss man sich hier einfach in eine Zeit zurückversetzen, in der die Technik noch nicht so fortgeschritten war, Songs Geschichten erzählen sollten und die Ansprüche an Arrangements noch nicht entsprechend hoch waren. Sozusagen im Gegensatz zur 'aufgemotzten' Präsentation dieser historischen Aufnahmen wirkt die Musik entsprechend 'abgespeckt'. So mag für viele Hörer der etwas 'scharf' akzentuierte Gesang ungewöhnlich sein, in bestem, breit amerikanischen Englisch, bisweilen klingt es schon fast 'quakig'.

Wie gesagt, das ist - gemessen an heutigem Hörverhalten - ungewöhnliche Musik, die man also losgelöst von allem heutigen genießen sollte. Dann wird man ganz viel Gefühl und Leidenschaft in den Vorträgen entdecken und man kann sich schnell zurückversetzt fühlen in eine Zeit, die wir selbst nicht erlebt haben und wohl auch nicht vom Hörensagen kennen. Das Meiste klingt insofern ähnlich und die wesentlichen Unterschiede sind eben die Geschichten, die erzählt werden. Nur, wenn dann ab und zu auch gejodelt wird - ganz im Sinne des 'Texas Yodel' - kommt andere Stimmung auf. Die Musiker beherrschen ihre Instrumente einwandfrei und die beiden Gitarren harmonieren ineinander vortrefflich, gerade der Beitrag von Howard auf der Slide bringt diesen herrlich bluesigen Charakter zur Geltung.

Sehr wichtig ist sicher auch, in welchem sozialen Umfeld diese Musik entstand. Dafür eignet sich das dicke Booklet (oder besser nenne ich es BUCH!) natürlich sehr gut, ist die Zeit doch in Bildern dokumentiert sowie die Umstände Jener, die seinerzeit in den Textilfabriken arbeiteten, unter teils unwürdigen Bedingungen. So arbeiteten auch die beiden Brüder in den Tuchfabriken von East Rockingham in North Carolina und traten nebenbei, so ab 1932, als Duo mit Gitarre und Steelgitarre auf. Zuvor hatten sie bereits mit Gitarre und Fiddle gearbeitet. Ihr blues-getränkter Sound drehte sich insofern um die Welt des Webens ("Weave Room Blues", "Weaver's Life" etc.) und so beleuchteten die Songs die soziale Situation der Bevölkerung.

Nachdem Howard im Jahre 1961 gestorben war, spielte Dorsey allein weiter. Und so ist als besonderer Bonus für diese Kollektion die Hinzunahme von dreiunddreißig Soloaufnahmen aus den Jahren 1961 und 1962 zu begrüßen! Hier merkt man allerdings dem Interpreten gesanglich das Alter bereits an. Doch sind diese Soloaufnahmen nicht minder intensiv im Ausdruck, vielmehr halte ich sie vereinzelt sogar für kraft- und druckvoller, wenn der überlebende Bruder die von ihm kurz anmoderierten Songs präsentiert. Dorsey starb übrigens 1968.

Diese opulente Veröffentlichung kommt als CD-Box im LP-Format mit 164-seitigem gebundenem Buch und 121 Einzeltiteln. Dazu gibt es ausführliche Erläuterungen zu den einzelnen Liedern, geschrieben von dem Historiker Patrick Huber und viele seltene und zuvor nie gezeigte Fotografien, sämtliche Liedtexte, eine detaillierte Diskografie und Reproduktionen der Originalaufzeichnungen der Sessions. Das ist grandios und vorbildlich und man hat neben der Musik noch reichlich Lesestoff zur Hand. Sensationell ist auch die jeweilige Spielzeit der vier Silberlinge!
Abschließend muss ich noch einmal meine Bewunderung zum Ausdruck bringen, mit welcher Sorgfalt Bear Family stets an solche Projekte herangeht! Und auch die Klangqualität ist - am Alter der Aufnahmen gemessen - sehr gut, auch rausch- und knackfrei. Mehr Bass gibt es dann natürlich bei den Aufnahmen der vierten CD mit den Sechziger-Jahre-Titeln.

Es sangen und spielten:

Howard Dixon (vocals, steel guitar)
Dorsey Dixon (vocals, guitar)

Plus:
Mutt Evans (vocals)
Beatrice Dixon (vocals)
Frank Gerald (vocals, guitar)

Bei Interesse empfehle ich wegen der Auflistung aller Songs hier einmal nachzuschauen:

http://www.bear-family.de/blue…eople.html

Wolfgang
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