Till Brönner - Same

ein wenig mehr Jazz....

 
firebyrd
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Till Brönner - Same

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Gepostet: 10.12.2012 - 08:49 Uhr  ·  #1
Till Brönner - Same


Vor zwei Jahren hatte ich bereits “At The End Of The Day“ ( viewtopic.php?t=16836 ) zur Vorstellung gebracht. Leider hat Till Brönner meinen Wunsch nicht erhört, seine Aufnahmen mit Günter Baby Sommer der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen! So werde ich wohl weiterhin auf ein reines Jazzalbum warten müssen. Denn die neueste Veröffentlichung ist wiederum keines geworden. Auf seiner Website erklärt der Trompeter, dass dieses Album bei denjenigen auf fruchtbaren Boden fallen werde, die für diese Musik offen seien. Der Erfolg ließe sich nicht allein an Verkaufszahlen festmachen.

Es wird Bezug genommen auf den Jazz der Siebziger, insbesondere auf CTI Records. Doch diese Musik war eigentlich schon gar kein Jazz mehr, sondern vielmehr der Versuch von Creed Taylor, den Jazz zu fusionieren und salonfähig zu machen, wie er das vorab auf teils üble Weise mit der Musik von Wes Montgomery versucht hatte. Mithin sprechen die überwiegend musikalisch guten Ergebnisse, die auch aus der hohen Qualität der Musiker resultierten, für die Berechtigung seines Labels zur Veröffentlichung dieser Aufnahmen. So ist einiges von Freddie Hubbard, einem Vorbild Brönners, ebenso wie die Titel des Kollegen mit "Gibraltar", aus dessen CTI-Zeit und "Little Sunflower" (1966) zu finden.

Nun, im CTI-'Stall' waren solche großartigen Musiker wie Ron Carter, Eric Gale, Billy Cobham oder Bob James. Bei der vorliegenden Platte fehlen solche 'großen Namen' natürlich. Aber unter diesem Gesichtspunkt sollte man die Musik auch nicht betrachten. Vergleiche seien erlaubt, sind aber fehl am Platz, wenn es gilt, ein unabhängiges Bild zu entwerfen.
Und so treffe ich auf völlig entspannte Musik, die verschiedene Elemente aufgesogen hat, die sich seit Beginn der Veränderung des Jazz in den Sechzigern ergeben haben. Die Zeit vor der elektrischen Phase von Miles Davis wird durchaus berücksichtigt, aber auch aus der Phase des Souljazz sowie jene danach, als die oben genannten Musiker zusammen mit Creed Taylor eine unterhaltsamere Form suchten.

Andeutungen an Weather Report sind ebenso zu vernehmen, wie zum Beispiel bei "Pegasus", einem von verhallten Keyboardsounds und verträumten Passagen bestimmten Stück. Kurzum, diese Platte passt für mich nicht typischerweise in das CTI-Raster, allenfalls ansatzweise. Die Soli sind hier kurz und 'gepflegt' - es finden keine 'Ausflüge' statt. Die Musik ist zwar 'Lounge-geeignet', jedoch nicht vorwiegend kommerziell geprägt. Sie liebäugelt wohl etwas damit, den Jazz auch solchen Menschen nahe zu bringen, die vielleicht noch immer davor zurückschrecken. So hoffe ich, dass diese Annäherung gelingen möge und einem Aufbruch in neue Welten nichts entgegensteht.

Diesen Aufbruch sähe ich von Till Brönner allerdings auch gern, und so war ich gespannt auf die Bonus-CD, auf der ein Live-Titel angeboten wird. Doch zuvor gibt es Till & Till, auf Keyboard und Trompete - ja, das kommt leicht 'cool' und klingt einfach angenehm... 'Late Night-geeignet'. Nach einem knapp zweiminütigem Solovortrag über den Klassiker "Body & Soul", das schon fast Anklänge an alte Be Bop-Zeiten zu suggerieren scheint, geht es dann los.
Nicht nur los, sondern auch losgelöst, frei vom Studiozwang, vom Zwang der meist limitierten Spielzeit vieler Titel. Aufgenommen wurde beim Jazzfestival Viersen am 19. September 2009. Es folgt noch ein Hubbard-Song - schon gleich der Einstieg nimmt mich mit auf die Reise. Diese Musik atmet, sie lebt, das ist das, was ich mir von einer zeitlosen Fusion-Variante vorstelle. In diesem Titel stecken Vergangenheit und Gegenwart in fast fünfzehn Minuten, davon wünsche ich mir mehr, also... ein Live-Album, bitte! Hier gibt es sogleich viel mehr Bewegung, mehr Flexibilität, der Bassist bringt in seinem Solo unter anderem ein kurzes Zitat aus "Smoke On The Water". Der Pianist lässt rollende Einflüsse des frühen Jazz Funk der Sechziger erkennen und der Schlagzeuger treibt energisch und variierend im Spiel. Brönners Solo selbst ist relativ zurückhaltend. Er baut es langsam auf und bringt immer neue Ideen ein und entwickelt es, ohne jedoch einen entscheidenden Höhepunkt zu erreichen, so wie ich es von Freddie Hubbard live durchaus schon oft habe genießen können. Dafür wird Elektronik eingesetzt, das Horn wird gedoppelt - die Effekte über der drängelnden Rhythmussektion sind jedoch gut.

Ein klarer Fauxpas ist - und das muss ich leicht verärgert anmerken - dass der Song einfach abrupt ausgeblendet wird. Nun ja, immerhin wird das Thema noch erreicht, aber so etwas geht gar nicht. Allerdings sehe ich das unter dem Aspekt, dass es ja eine Bonus-CD ist, und dass man dem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut.

Musiker:

CD 1:
Till Brönner (trumpet & flugelhorn, brass and woodwind arrangements)
Magnus Lindgren (tenor saxophone, flute, bass clarinet, brass and woodwind arrangements)
Roberto Di Gioia (Fender Rhodes, analog synthesizers)
Jasper Soffer (Fender Rhodes - #8,12)
Bruno Müller (guitars - #7,9)
Albert Johnson (electric bass)
Christian von Kaphengst (electric bass - #8,12)
Matteo Scrimali (drums)
Wolfgang Haffner (drums - #8,12)
Roland Pfeil (percussion)
Liam Mario (percussion - #11)
Tilmann Dehnhard (flutes - #9-12)
Nan Schwartz (string arrangement, conductor - #2,3, 9-12)
Stefan Pintev (violin)
Rodrigo Reichel (violin)
Boris Bachmann (violin)
Rukandra Klein (violin)
Juliane Merse (violin)
Alexandra Psareva (violin)
Maja Hunziker (violin)
Veronika Passin (violin)
Alexander Affanasiev (violin)
Erik Wenbo Ku (viola)
Thomas Depen (viola)
Alexander Bagrintsev (cello)
Sebastian Gaede (cello)

CD 2:
Till Brönner (all instruments - #1, flugelhorn -#2, trumpet - #3)
Jasper Soffers (keyboards - #3)
Johan Leijonhufvud (guitar - #3)
Dieter Ilg (bass - #3)
Martijn Vink (drums - #3)

Titel:

CD 1:
01:Will Of Nature (5:17)
02:F.F.H. (6:45)
03:Return To The Fold (6:18)
04:Gibraltar (4:01)
05:Pegasus (4:11)
06:Red Street (4:45)
07:Condor (6:13)
08:Lazy Afternoon (7:07)
09:Wacky Wes (5:27)
10:The Gate (6:13)
11:Half Story (5:51)
12:Once Upon A Summertime (5:33)
(all tracks by Till Brönner,
except #4 by Freddie Hubbard, #5 by Larry Goldings,
#8 by Christian von Kaphengst, #7 by Dave Grusin,
#8 by Jerome Moross/John Latouche,
#12 by Michel Legrand/Eddie Barclay/Eddy Marnay/Johnny Mercer)

CD 2:
01:Till's Blues [Brönner](4:01)
02:Body & Soul [Green/Eyton/Heyman/Sour] (1:59)
03:Little Sunflower (Live) [Hubbard] (14:39)


http://tillbroenner.com/


Wolfgang
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