Buddy Guy - Rhythm & Blues

 
firebyrd
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Buddy Guy - Rhythm & Blues

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Gepostet: 17.09.2013 - 20:06 Uhr  ·  #1
Am 30. Juli 1936 wurde Buddy Guy in Louisiana geboren, der Gitarrist, der 1957 nach Chicago zog und dort für Unruhe im Blues sorgte. 1960 gab es den großen Deal mit Chess Records. Nach und nach gestaltete Buddy Guy seinen eigenen Stil, diesen wilden und ausufernden Sound auf der Fender. Ja, das waren seinerzeit wirklich wilde Töne, wilder als das, was man von Muddy Waters oder B.B. King kannte. Dabei stammten einige seiner Gitarrenlicks von Jody Williams, bei dem sich ja bereits Otis Rush bedient hatte und später noch auf üble Weise Mickey Baker. Nun, während Williams, einer der bei Chess wirklich stilbildenden und einflussreichsten Gitarristen, heute noch immer, trotz seines Comebacks, von den Plattenfirmen offensichtlich gemieden wird, kann sich Guy darüber nicht beklagen. Deshalb hätte ich viel lieber eine neue CD von Williams zur Rezension vorliegen, denn das, was sein Kollege hier vorträgt, ist für mich kein Grund zum Jubeln. Eine Doppel-CD mit Musik, die eine recht gute Einzelplatte abgegeben hätte, bei einer Reduzierung auf einen Silberling.

Denn - und das in Kurzform - diese Musik halte ich größtenteils für überfrachtet, überschüttet mit Bläser- und Keyboardsauce auf einigen Tracks, dazu eine teils überladene und verzerrte Gitarre, oft endend in einem für mich unsäglichen Klangmatsch. Weniger wäre mehr gewesen. Wer nun daran schuld ist, vermag ich nicht zu sagen. Eines steht fest, produziert hat das Album der allgegenwärtige Drummer Tom Hambridge, der auch fast alle Titel komponiert hat. Guy plays Hambridge, könnte man meinen. So wirkt die Musik für mich oft wie 'Blues von der Stange'. Stücke, geschrieben wie am Fließband, was mich an der Authentizität zweifeln lässt. So entstehen Stereotypen, die den Blues zu einer Showveranstaltung werden lassen.

Nun, der grundsätzlich sehr funky vorgetragene Sound ist gut, doch fühle ich mich oft genug von dieser Soundmasse erdrückt. Es gibt aber auch positive Ausnahmen, wenngleich sich "I Go By Feel" stark an "The Thrill Is Gone" in der Stimmung orientiert, oder "Whiskey Ghost", das einen so ganz eigenen Sound aufweist. Guys Gitarre klingt hier stark nach Peter Green in seinen besten Zeiten. Schön, dass hier möglicherweise eine gegenseitige Befruchtung stattfand. Die leicht schaudernde, geisterhafte Atmosphäre hat ihren besonderen Reiz. Ja, ich liebe diesen Song, der so richtig cool, sophisticated und laidback ist, um es einmal mit Fremdwörtern passender auszudrücken.

Auf der zweiten CD - übrigens im Gegensatz zur ersten, die "Rhythm" heißt, "Blues" benannt - gibt es auch noch etwas Feines. "Too Damn Bad" rockt richtig satt, voller Groove und mit viel Gefühl vollgepackt, ab und schleicht sich direkt in die Seele. "I Could Die Happy", diese Paarung der akustischen Gitarre von David Grissom mit der elektrischen, hat einen guten Bluesanstrich. "Never Gonna Change" ist wieder ein klarer Anwärter für die Positivseite, mit dem Einsatz der Slide und "Blues Don't Care" vermag mich ebenfalls zu überzeugen, so auch einer der Gaststars der Doppel-CD, auf die ich noch zu sprechen komme, der einzige derer, die mich überzeugen können: Gary Clark, Jr. an Gitarre und Gesang.

Aber leider muss ich noch einmal zurück zu dem, was mir übel aufstößt. Um gleich bei den soeben erwähnten Gaststars anzuknüpfen, vorab gleich das Schlimmste: Das ist die Beteiligung von
Kid Rock auf dem Klassiker "Messin' With The Kid". Das unqualifizierte Geknödel des Sängers, zusammen mit dem überwuchtigen Arrangement prügeln diesen so schönen Song nieder - und dazu dieser Backgroundchor, der dann eher wieder belustigend wirkt. Ach ne, warum nur? Auch Steven Tyler hätte man sich sparen sollen, so 'evil' kommt er in "Evil Twin" nun doch nicht rüber. Er krächzt alles andere als den Blues - nun gut, ich kann es ertragen, aber was sollte dieses Gastspiel bezwecken? Als Bereicherung empfinde ich es nicht. Und nun noch zu Beth Hart, einer Künstlerin, die ich zwar schätze, aber die ich bei "What You Gonna Do About Me" leicht fehl am Platze sehe, derart überengagiert zeigt sie sich hier. Das klingt überhaupt nicht bluesig, was sie hier vorlegt, sondern eher sehr angestrengt. Auf ihren eigenen Platten klingt sie authentischer und ganz einfach besser!

Fazit: Aus Zwei mach Eins und eine gute Platte wäre es geworden. Ich denke jedoch, Buddy Guy scheint es Spaß gemacht zu haben, mal wieder 'die Sau herauszulassen' und das sei ihm natürlich gegönnt!

Buddy Guy (lead vocals, guitars)
Tom Hambridge (drums, background vocals - CD 1, #4,6,10, CD 2, #1, tambourine - CD 1, #9, CD 2, #6, elephant bells - CD 1, #9,10)
Reese Wynans (Hammond B 3 - CD 1, #1-3,5,8, CD 2, #1,3,6,7,9, Wurlitzer - #3,8, CD 2, #6, piano - CD 2, #2-4,7)
Michael Rhodes (bass - CD 1, #1-3,5,11, CD 2, #1-3,6,7)
David Grissom (guitar - CD 1, #1-3,5,8,11, CD 2, #1-3,6,7,9, acoustic guitar - CD 2, #4)
The Muscle Shoals Horns (horns - CD 1, #1,5,8, CD 2, #6)
Wendy Moten (background vocals - CD 1, #2,10)
Regina McCrary (background vocals - CD 1, #3, CD 2, #1)
Ann McCrary (background vocals - CD 1, #3, CD 2, #1)
Frieda McCrary (background vocals - CD 1, #3, CD 2, #1)
Chris Carmichael (background vocals - CD 1, #3)
Kid Rock (vocals - CD 1, #4) Rob McNelley (guitar - CD 1, #4,6,7,9, 10, slide guitar - CD 2, #5,8,10)
Tommy McDonald (bass - CD 1, #4,6-10, CD 2, #4,5,8-10)
Kevin McKendree (Hammond B 3 - CD 1, #4,9,10, Wurlitzer - CD 1, #6,9, piano - CD 1, #7, CD 2, #5,8,10)
Jessica Wagner-Cowan (background vocals - CD 1, #4)
Herschel Bone (background vocals - CD 1, #4)
Shannon Curfman (background vocals - CD 1, #4)
Keith Urban (vocals, guitar - CD 1, #6)
Jim Hoke (all horns - CD 1, #7)
Beth Hart (vocals - CD 1, #8)
Steven Tyler (vocals - CD 2, #3)
Joe Perry (guitar - CD 2, #3)
Brad Whitford (guitar - CD 2, #3)
Gary Clark, Jr. (vocals, guitar - CD 2, #8)


CD 1:
01:Best In Town [Hambridge/Fleming]
02:Justifyin' [Guy/Hambridge]
03:I Go By Feel [Hambridge/Nicholson]
04:Messin' With The Kid [London]
05:What's Up With That Woman [Hambridge]
06:One Day Away [Hambridge/Fleming/Holt]
07:Well I Done Got Over It [Jones]
08:What You Gonna Do About Me [Hambridge/Parnell/Nicholson]
09:The Devil's Daughter [Guy/Hambridge]
10:Whiskey Ghost [Hambridge/Nicholson]
11:Rhythm Inner Groove [Guy/Hambridge]

CD 2:
01:Meet Me In Chicago [Hambridge/Randolph]
02:Too Damn Bad [Hambridge/Fleming]
03:Evil Twin [Hambridge/Fleming]
04:I Could Die Happy [Hambridge/Fleming]
05:Never Gonna Change [Hambridge/Gogo]
06:All That Makes Me Happy Is The Blues [Hambridge/Nicholson]
07:My Mama Loved Me [Hambridge/Fleming]
08:Blues Don't Care [Hambridge/Fleming]
09:I Came Up Hard [Guy/Hambridge/Fleming]
10:Poison Ivy [London]

Wolfgang

badger
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Re: Buddy Guy - Rhythm & Blues

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Gepostet: 17.09.2013 - 20:30 Uhr  ·  #2
eine hochinteressante besprechung, und zwar deshalb, weil du dir die mühe machst,
einmal detailliert mitzuteilen, warum dir etwas NICHT gefällt. so kann man deine
frustration dann auch gut nachvollziehen. dafür BRAVO!

wie du sicher vermuten kannst, bin ich selbst ein großer Buddy Guy-freund, aber diese platte
werde ich mir ebensowenig zulegen, wie irgend etwas, was er in den letzten jahren noch
vorgelegt hat.
an die frühen sachen für Vanguard und Chess und an all die tollen co-operationen mit Junior
Wells kommt er schon lange nicht mehr heran. bei seinen heutige platten gehts wohl nur noch
darum, sie möglichst glatt und total überfrachtet zu produzieren; und ausschließlich für weiße selbsternannte 'blues'-fans.
nee, nee, ich sag mir immer, wenns die alten schwarzen jungs auf der West- oder South-side
nicht mehr hören wollen, dann wills der badger auch nicht mehr.
hmc
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Re: Buddy Guy - Rhythm & Blues

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Gepostet: 18.09.2013 - 07:27 Uhr  ·  #3
Uhi, Kid Rock macht mir Angst.

Ich bin da bei Badger, eine Rezi sollte auch durchaus kritische
Töne aufweisen.
Ich kenne nur die älteren Alben von ihm und die scheine ja dann auch ausreichend
zu sein.
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