Zitat geschrieben von Jersch
Lies Dir doch mal folgende Rezension von einem Amazonie durch:
1972 ist ein extrem stressiges Jahr für James Brown. Er muss unzählige Konzerte spielen, öffentlichen Auftritten in Fernsehshows und sonstigem nachkommen - und auch noch Werbung für Richard Nixon machen. Tatsache - Richard Nixon! Da bleibt keine Zeit für Songwriting und Studioarbeit. Also was macht man - man schickt einfach den Produzenten ins Studio und lässt den mit unterschiedlichen, teils prominenten Studioteams alte Songs neu einspielen, alte Bänder vergangener Sessions neu aufmischen oder einfach irgendwelche Jams überarbeiten. Das alles mit dem besonderen Clou Track um Track ineinander übergehen zu lassen, was einen ziemlichen Sog erzeugt - tricky und raffiniert. Ist das abgeschlossen raunzt, brüllt, schreit man kurzerhand Improvisationen darüber, am besten indem man einfach Stakkato artig ein paar Namen aus der Rock- und Soul-Geschichte auszählt, immer wieder erscheint der Name seines Sex Maschinisten Bobby Byrd, und - ganz wichtig! - zwei Namen fortgesetzt einstreut: "James" und "Brown". Kann Mann nicht selbst zur Stelle sein, lässt er diesen Part auch noch von Hank Ballard übernehmen, der ein bisserl von.... na klar, James Brown schwärmt. Immerhin reicht das um....
....eine sensationelle Wieder-Aufnahme der 1967 Cold Sweat Single zu re-recorden. 1967 ist das mit ihrem funky Duktus eine echte Sensation, zwischen all dem allgemeinen Popgedudel und James Browns eigenen Early-Sixties-Retro-Anflügen. 1972 ist das....ein cooler Jazz-Soul, á point sozusagen, von Jazzern wie David Spinozza und Hugh McCracken an den Gitarren, vor allem aber Joe Farrell auf dem Tenor-Saxophon einge-groovt - selbstverständlich unter Browns Abwesentheit, die Vocals singt er später alleine drüber. Und hier bekommt er, ähnlich den Aufnahmen der zuvor erschienen There It Is LP, die Förmchen wirklich zusammen, selten funkt es bei James Brown mehr als während dieser 2:53, mit einem klaren - von ihm immer wieder ausprobierten - starken Jazz-Bezug im schreienden Tenorsolo Farrells. Damit ist der Höhepunkt der Aufnahme bereits mit Track vier einer Doppel-LP erreicht. Die ersten drei Songs sind die konsequente Steigerung des Funk zu diesem Highlight, alles Nachfolgende so etwas wie ein lang gezogenes Outro, vor allem wenn er, wie auf My Part/Make It Funky (Parts 3 & 4) über schier endlose 5:14 genau einen Beat aus einer Session des Jahres 1971 wiederholen lässt, um in Endlosschleife Make it Funky darüber zu stimmimprovisieren. Das nachfolgende, Bigband artige, Dirty Harry von "Fred Wesley & The J.B.s", mit der Gitarrenimprovisation Bobby Roachs, macht das locker weg - Brown spielt in diesem Instrumental lediglich die Organ.
1972 ist das zwischen all den progressiven Yes, Mahavishnu Orchestras und vor allem dem direkten Soul-Verwandten Sly Stone oder dem ober-coolen Jill Scott Heron uraltes, überkommenes, konservatives Zeug, dass seinen typischen James Brown Reiz aus den Stakkato-Stimmimprovisationen und Funk-Rhythmen zieht - damals. Heute ist das, vor der Hip-Hop-Tapete eines Kendrick Lamar, geradezu topaktuell in all seinem stilistischen Eklektizismus - samt der verwendeten Overdub- und Ineinanderblendtechnik.....und einem erstaunlich trockenen, differenziert produzierten Soundbild, selbst der 95er CD.
Das zwingt mich ja regelrecht darein zu hören.