Leben im Computer


Halt!
Da war sie wieder!
Sie schien ihn direkt anzusehen, ihm sogar zuzuzwinkern.
Lasse saß vor seinem Computer und klickte wahllos Seiten an.
Er langweilte sich.
Seit 14 Tagen war er krank, hatte sich den Fuß verstaucht und konnte kaum laufen.
Schlimm für jemanden wie Lasse, der immer aktiv war, immer in Bewegung.
Seinen Job als Fremdenführer in seiner Heimatstadt konnte er natürlich momentan nicht ausüben.
Es machte ihm Spaß, den Touristen alles zu zeigen. Besonders die Burg aus dem Mittelalter hatte es ihm angetan.
Das Mittelalter interessierte ihn. Er hatte viel darüber gelesen, besuchte diverse Mittelaltermärkte, hörte und sah Bands, die Mittelalter Musik spielten.
Wieder huschte das Mädchen über den Monitor.
Dieses Mal in einem Shop für mittelalterliche Kleidung. Sie war entsprechend gekleidet und lächelte so zauberhaft, dass sein Herz gleich schneller zu schlagen begann.
Ein paar *klicks* später sah er sie wieder. Nicht satt sehen konnte er sich an dem süßen Gesicht.
Sie war einfach perfekt!
Fragend schaute sie ihn an.
Jetzt fing es an, ihm Spaß zu machen.
Auf jeder Seite, die er anklickte, suchte er sie, aber nicht überall war sie zu finden.
Er sah sie auf einer Südseeinsel, mit Bastrock und Blumenkette, die mehr enthüllte, als verdeckte.
Auch im Winteroutfit erkannte er sie sofort an ihren großen, sprechenden Augen.
Viele Seiten später, er wusste gar nicht mehr, wie oft und wo er sie überall entdeckt hatte, als Blumenmädchen auf der Bühne, als junge Mutter, die für sichere und saubere Spielplätze eintrat……….., klickte er eine Seite für Brautmoden an.
Auch dort war sie, stand in einem zauberhaften Brautkleid vor ihm und winkte ihm zu. Nein, sie winkte ihm nicht zu, sie forderte ihn auf, zu ihr zu kommen.
Wie sollte das gehen?
Lasse rückte immer näher an den Computer heran, ihr Gesicht war jetzt groß auf dem Monitor zu sehen, fast in Trance küsste er ihren Mund.
Dann spürte er einen Ruck, fühlte sich gezogen und stand plötzlich neben ihr, angezogen wie ein Bräutigam.
Als er sich umsah, fand er sich in einer Kirche wieder, die voller Menschen war und weiter hinten stand ein Pfarrer und schien auf das Hochzeitspaar zu warten.
Auf das Hochzeitspaar?
Er schaute auf das Mädchen neben sich, eine wunderschöne Braut, seine Traumfrau, sah an sich herunter, perfekt gekleidet für eine Hochzeit.
Da nahm er ihren Arm und ging langsam mit ihr zum Altar.
Während der ganzen Zeremonie stand er praktisch neben sich und beobachtete alles, aber den Ablauf ändern konnte er nicht.
Nach der Trauung fuhren sie in einer weißen Kutsche zu der Burg, die er so oft den Touristen gezeigt hatte. Dort war für die Hochzeitsgesellschaft alles vorbereitet.
An langen Tischen saßen wohl an die hundert Menschen.
Die Hochzeitsnacht verbrachten die beiden auch auf der Burg, eine Reise schien nicht geplant zu sein.
Lasse wunderte sich über gar nichts mehr.
In diesem Leben hatte er einen Beruf als Architekt und in seiner Freizeit widmete er sich auch hier seinem Hobby, dem Mittelalter.
Seine junge Frau, die genauso hübsch war, wie er sie kennen gelernt hatte, teilte seine Interessen.
Sie lebten glücklich und zufrieden einige Jahre, aber Lasse war sich immer der Tatsache bewusst, dass er hier nicht hingehörte.
Was war aus dem alten Lasse geworden, seinem Leben, seinen Freunden?
Er wurde Vater von zwei süßen Kindern, die ihrer Mutter sehr ähnlich sahen.
Die Fragen nach seiner vorherigen Existenz wurden immer drängender, beschäftigten ihn unaufhörlich.
Seine junge Frau schien es zu spüren, versuchte ihn abzulenken, ihn an sich zu binden.
Eines Tages stand er vor dem Firmengebäude und fühlte ein merkwürdiges Ziehen in seiner Brust.
Er trat durch die Glastür in die Halle und fand sich mitten im Burghof wieder.
Dann drehte sich alles um ihn herum, er wurde in den Wirbel hineingezogen, drehte sich immer schneller und fand sich an seinem Schreibtisch wieder, den Kopf auf die Tastatur gesunken.
Meine Güte, wie kann man so realistisch träumen, dachte er schaute auf den Monitor und sah direkt in die Augen der jungen Frau.
Sie schaute ihn traurig und unglücklich an.
Lasse schaltete schnell den Computer aus. Er musste erst einmal das Erlebte oder nur Geträumte verarbeiten.
In den nächsten Tagen saß er immer wieder grübelnd auf dem Sofa, der Computer blieb aus.
Dann hatte er einen Termin bei seinem Arzt. Die neue Sprechstundenhilfe kannte er noch nicht. Als sie ihn anlächelte, dachte er, ihn träfe der Schlag. Das war doch die junge Frau aus dem Computer?
Dieser fragende Blick aus wunderschönen Augen war unverwechselbar.
Als er sie dann einmal in der Innenstadt mit zwei kleinen Kindern sah, war er sich ganz sicher. Das musste sie sein.
Vorsichtige Erkundigungen ergaben, dass sie eine allein erziehende Mutter war und erst kürzlich hierher gezogen war.
Woher sie kam, wusste niemand.
Es zog die Beiden zueinander, nichts konnten sie dagegen tun.
Waren es jetzt seine Kinder, war sie die Frau aus dem anderen Leben und wie kam sie hierher?
Fragen über Fragen.
Erst viel später erzählte ihm seine Frau, inzwischen hatten sie noch einmal geheiratet, dass sie dasselbe erlebt hatte, wie er, ihm in den Computer gefolgt war und zurückgekehrt, immer nach ihm gesucht hatte.
Dass sie eine sehr glückliche Ehe führten, muss ich wohl nicht extra erwähnen.

Moni, wieder einmal eine schöne Geschichte aus deiner Feder. Es ist immer eine Freude für mich, deine Zeilen zu lesen. Herzlichen Dank!

Dankeschön Jürgen :r:

Moni, es hat Spaß gemacht, dieser märchenhaften Geschichte zu folgen. So berührend, so anmutig, einfach nur schön. Danke dafür ....

Dankeschön. Nur für Euch schreibe ich und irgendwann wird wirklich ein Buch daraus.

Es hat wieder riesigen Spaß gemacht, dieser schönen Geschichte aus Fabel und Märchen zu folgen. Deinem Einfallsreichtum sind offensichtlich keine Grenzen gesetzt. Moni, das war klasse ...... Danke dafür.

Ich danke Euch, meine treuen Leser

Ich lasse mich auch künftig gerne von dir überraschen

Solange ich das hier reinschreiben darf, gerne.

danke Moni für die tollen Zeilen, immer wieder gerne.

Dankeschön