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Julian Cope
Krautrock
One Heads Guide To The Große Kosmische Musik.
Verlagsinfo :
"Brillant recherchiert. Copes Enthusiasmus ist ansteckend." - Mojo
Der englische "Erz-Exzentriker und designierte Popstar" (Spex) Julian Cope, solo und ›Teardrops Explode‹ selber- erfolgreicher Musiker, ist ein wahrer KrautRockFan. Verblüffend, denn er hat die Hochzeit selbiger Musik nur in Form von LPs kennengelernt.
Mit diesem Buch zollt er seinen musikalischen Helden Tribut. Er ortet im KrautRock zu Recht die Wurzeln der heutigen TechnoMusik. Cope beschreibt den Weg von Bands, Machern und Label.
"KrautRock ist für Cope eine kompromißlose Mischung aus psychedelischen Soundlandschaften, farbenfrohem visuellen Hippietum und harter Punk-Energie. Ein kenntnisreiches und leidenschaftliches Werk." Rolling Stone
"Standardwerk der Krautologie. Legendär, fachkundig & unverzichtbar!" ME-Sounds
Als Bonus dann ausführliche Cope'sche Rezensionen der "besten 50 KrautRock Scheiben", mitsamt CD-Nummern. Über 50 OriginalCover vierfarbig nachgedruckt. Mir diesem Buch löste Julian Cope gegen Ende des 20. Jahrhunderts einen weltweiten KrautRockBoom aus.
Übersetzt von Clara Drechsler und Ronald Rippchen.
Inhalt
7
Einleitung
10
Kapitel 1:
Prähistorischer Underground
15
Kapitel 2:
Kleine Geschichte des aufgehenden Krautrock
26
Kapitel 3:
Faust - der größte Gimmick überhaupt
32
Kapitel 4:
Tangerine Dream - von "Electronic Meditation" bis "Atem"
42
Kapitel 5:
Neu! - Der Versuch einer kurzen Entwirrung von Neu!
51
Kapitel 6:
Can - Jede Farbe ist schlecht
59
Kapitel 7:
Amon Düül - Der Sensenmann ist ein Krautrocker und andere Stories
67
Kapitel 8:
Timothy Leary und Ash Ra Tempel - Kosmische Musik meets Sci-Fi
76
Kapitel 9: Rolf-Ulrich Kaiser & die Kosmischen Kuriere Sci-Fi-Musik zum Ende eines Traums
87
Anhang:
50 Kosmische Klassiker Das ganze Spektrum der Krautrock-Musik neu besprochen und bewertet
157
Nachwort des Verlegers
Einleitung
Eine Sonderbotschaft an die Musiker der ursprünglichen Krautrockszene:
Dieses Buch gibt mir Gelegenheit, all euch Visionären, Aussteigern, Gurus und Magiern der westdeutschen Krautrockszene zu danken, die Anfang der 70er einen Wirbelsturm von weißem Licht entfesselten, als es um uns herum nur die :twisted: harmlose Flachwichserei von ELP :twisted: , die :twisted: spirituellen Airbrushmalereien von Yes :twisted: und, :twisted: am schlimmsten von allen, die Resopal-Mantras von Pink Floyd :twisted: der "Dark Side of the Moon"-Periode gab. Danke, daß ihr mich bei Verstand gehalten habt, und danke für eure Musik von wahrem Genie, die mit jedem Tag heilsamer und heiliger wird.
Ich war ein Teenage Krautrocker. Ich schrieb diese kurze Geschichte wegen dem, was ich für diese Musik empfinde - daß ihre überlegene Magie und Macht schon zu lange unentdeckt liegt. Krautrock war nichts, was von jeder x-beliebigen alten frühsiebziger Deutschrockband gespielt wurde. Es war kraftvolles prä-punk Selbstbewußtsein, das von einer Handvoll Pioniere errungen wurde - der Ur-Punks, der allerersten. Krautrock ist das, was Punk hätte sein können, wenn Johnny Rotten alleine das Sagen gehabt hätte - eine Art heidnische, gnostische LSD-"Erforsche den Gott in Dir durch Schinden des Tiers in Dir"-Odyssee. So etwas wie sehr fitte Hawkwind ohne die Weltuntergangs-Science-Fiction. Krautrock blieb den Augen des Publikums verborgen, dem möglicherweise nicht bewußt ist, daß er mindestens so heilig war wie die Stooges, Sun Ra & MC5 zusammen auf einer Bühne. Oder daß er von superfitten, durch Amphetamin hellsichtigen Poeten-Druiden gespielter transzendentaler, kosmischer Fuck-Rock war und über sich selbst hinauswuchs bis zum Moooooond!
Ich mußte nicht die muffigen Ecken meiner Plattensammlung nach diesen Informationen durchforsten - mein Krautrock steht hübsch beisammen, ein Riesensatz davon, gleich neben der Psychedelia, den Sly & Funkadelic-LPs, den Scott-Walker-LPs - dem Kram, der mittlerweile zu den musikalischen Klassikern gerechnet wird, mir aber einen Ruf als Schwuler, Freak oder einfach gemeingefährlicher Irrer einbrachte. Ich bin kein Vollständigkeitsfanatiker, sondern habe nur über Platten geschrieben, die ich in meiner eigenen Sammlung habe. Und um dieses Buch zu schreiben, war es für mich unumgänglich, einige Lücken in meiner Sammlung zu schließen, und so hat ein neues Krautrockrevival stattgefunden. Ich hatte schon früher einige erlebt: 1977, als ich die Liverpooler Punkszene kennenlernte; 1984, als ich meinen damals neuen Manager Cully, einen Krautrockjünger von höheren Weihen, kennenlernte; und das jüngste seit 1991, als mein Gitarrentechniker Rizla Deutsche im Tourbus Neu 2 auflegte. Nun geht das wieder los, dachte ich, und das tat es allerdings.
Als ich im September 1994 beschloß, diesen Krautrocksampler zu schreiben, mußte ich zu meiner Überraschung - wenn auch nicht Entmutigung - feststellen, daß ich auf eine der großen unerzählten Visionärs-Geschichten gestoßen war. Ich las über diese wundervollen deutschen Nachkriegskünstler, und mir kamen die Tränen. Wäre ich in den 60ern ein junger Deutscher gewesen, hätte ich Krautrock spielen oder sterben müssen. Unmöglich hätte ich mit dem Wissen leben können, daß die Generation meiner Eltern in ein Verbrechen jenseits biblischer Ausmaße verstrickt war. Ich hätte in der ersten Rock-ete zum Mars gesessen - was präzise der Weg ist, den die besten deutschen Rock'n'Roll-Künstler eingeschlagen haben. Als ich hinter diese hochmagische Musik blickte, entdeckte ich das Offensichtliche. Krautrock schwebte auf den Flügeln des ungestümen Ostwinds, der sich über die entfesselten englischen und amerikanischen Szenen der 60er emporschwang. Krautrock transzendierte all das und mehr. Weil er nicht anders konnte.
In dieser Minihistorie habe ich zu klären versucht, wer diese deutschen Undergroundhelden waren, von denen man mit ehrfürchtigem Flüstern sprach und die doch von den meisten ungehört blieben. Faust, Can, Neu!, Amon Düül I und II, Ash Ra Tempel, Tangerine Dream, Cluster, La Düsseldorf, Harmonia, Popol Vuh , etc., etc. Warum machte die gesamte westdeutsche Rockszene noch bis hoch in die 70er LPs mit Acid-Freakout-Musik in wilden Op-Art-Covern? Und warum war ein Durchschnittsalbum von jedem der Obengenannten weit extremer als selbst die oberextremsten britischen & amerikanischen Äquivalente, mit Ausnahme nur solcher Legenden wie Velvet Undergrounds "Sister Ray" (das manche Krautrockfans, gemessen an gewissen Tracks wie Ash Ra Tempels "Amboß", die man hier anführen könnte, zahm nennen würden). Diese kleine Geschichte versucht, ihre Beweggründe zu klären, aber sie kann nie restlos die Musik einer ganzen Jugendnation erklären, die ihren Blues auslebt. In den Seelen der deutschen Nachkriegsjugend brannte ein Feuer, das nicht geschürt, nicht gelöscht und auch nicht mit Benzin angefacht werden mußte - man mußte es einfach kokeln lassen. Und es brannte. Mit einer Intensität, die das gesamte Gefüge der Welt hätte ins Wanken bringen können, hätte sie in England oder den USA stattgefunden. Aber das entsprach nicht dem Wesen dieses Feuers, also wurde nichts daraus. Statt dessen ist uns das Vermächtnis des waghalsigen deutschen Jugendtanzes fort von ihrer jüngsten Vergangenheit geblieben. Und das ist Krautrock - eine der erstaunlichsten, beschwörendsten, heroischsten Ahnungen des Menschen auf dem Gipfel seiner künstlerischen Magie.
Man muß sich verändern, um zu bleiben wie man ist!