Bereits die ersten Takte im Radio machten mich kribbelig. Gehört hatte ich sie in Sonthofen, ich war gerade auf einem Lehrgang der Bundeswehr, "Rechnungsführer" schimpfte sich das. Die fehlende Ansage des Moderators ließ mich im Unklaren darüber, was ich da gerade hörte. Aber, ...Gottseidank hatte ich einen musikalisch sehr versierten Kollegen. Mit einer Selbstverständlichkeit und leicht überlegen-herablassendem Ton klärte er mich darüber auf, wie der Song hieß: "Das war "Blue, Blue, 'lectric Blue".
Mit diesem profunden Wissen machte ich mich also auf die Socken, "Blue, Blue, 'lectric Blue" in den einschlägigen Plattenläden zu erwerben. Der Titel musste dermaßen neu und aktuell sein, dass auch kein einziger Musikfachhändler damit etwas anfangen konnte. Mein Kumpel war schon ein toller Typ - was der so alles kannte und locker aus dem Ärmel schüttelte...
Irgenwann und einige Zeit später hielt ich dann die LP "Low" in den Händen. Mein Einstiegssong wurde zwischenzeitlich in "Sound And Vision" umbenannt, klang aber noch genau so wie damals im Radio. Und ich gebe zu - anfangs konnte ich mit dem Gesamtalbum nicht viel anfangen. Es war ziemlich verstörend, die A-Seite mit den kurzen, fast verstümmelten Musikstücken. Und die B-Seite , instrumental-düster, kalt und technisch.
Inspiriert von Bands wie Kraftwerk oder Neu! komponierte Bowie gemeinsam mit Brian Eno ein durch und durch experimentelles Album, welches heute als eines seiner Meisterwerke gelten dürfte. Gemessen an seinen vorherigen Alben wie bspw. "Station To Station" oder "Ziggy Stardust" hatte Bowie, oft bezeichnet als "Das Chamäleon der Popmusik", hier wohl seinen radikalsten musikalischen Wandel vollzogen.
Instrumental eröffnet die A-Seite elektronisch mit "Speed Of Life", kühl-treibend, rhythmisch-nervös. Und instrumental endet Seite A mit "A New Career In A New Town", nicht weniger treibend. Ebenso dominiert der Synthie, im Vergleich zum Opener wirkt dieser Song düsterer als eben dieser. Zwischen diesen Instrumentals geht die Reise treibend, nervös, düster weiter. Nach bereits 1:52 endet "Breaking Glass" gerade dann, wenn man sich auf den Tanzgroove eingestellt hat und überlässt "What In The World", einem hektisch voranpeitschendem Song die Bühne. Kein Titel der A-Seite überschreitet die Länge von 3:30 Minuten, und so fügen sich sieben Titel zu einer kühl-homogenen, gefühlsflirrenden Einheit zusammen.
Die große Überraschung jedoch folgt prompt auf der B-Seite: Sollte man der Meinung unterliegen, kühler als das bisher gehörte geht es nicht mehr, sieht man sich arg getäuscht: Bereits der erste synthetische Tastenanschlag von "Warszawa" kann Beklemmungen auslösen. Und aus dieser Umklammerung entlässt Warszawa aus keiner einzigen seiner insgesamt 381 Sekunden. Ab und an scheint ein melodischer Hoffnungsschimmer aus der Umklammerung befreien zu wollen, aber die düster-tragende Grundstimmung lässt nicht los. Und bringt gleichzeitig die wohlverdiente Entspannung nach der hektischen A-Seite des Albums. "Warszawa" dürfte für viele Bands richtungsweisend gewesen sein - so haben sich zum Beispiel "Joy Division" anfangs nicht umsonst in Anlehnung an dieses musikalische Kleinod "Warsaw" genannt. "Warszawa" eröffnete auch eine zeitlang einige der Bowie-Liveacts - nicht immer zur Zufriedenheit des Publikums.
Mit den experimentellen Klängen von "Low" war Bowie seiner Zeit wahrhaftig ein Stückchen voraus. Die Düsternis des Albums, die sich ausbreitende Tristesse, die sich mit Suizid und Psychosen beschäftigenden Themen sind wohl dem Drogeneinfluss, unter dem Bowie damals stand, geschuldet. Vielleicht war "Low" für ihn ein Befreiungsschlag. Ganz sicher jedoch wird es heute, fast 40 Jahre nach seinem Erscheinen, nach anfänglicher Ablehnung, Verstörung und zwiespältiger Aufnahme seiner Kritiker als ein Meilenstein der Musiklandschaft angesehen. Und wird sicher weitere 40 Jahre überleben und noch zu hören sein, wenn heutige "Alben des Jahres" längst aus den Regalen und musikalischen Gedächtnissen verschwunden sein werden.
Musiker
David Bowie – Gesang, Gitarre, Saxophon, Vibraphones, Xylophones, Harmonica, Piano, Keyboards und div. elektronische Instrumente
Brian Eno – Gesang, Mini Moog, Synthesizer, Piano, Keyboards und div. elektronische Instrumente
Tony Visconti – Background
Carlos Alomar – Guitar
Ricky Gardener – Guitar
Dennis Davis – Drums
George Murray – Bass
Roy Young – Piano, Farfisa
Mary Visconti – Hintergrundgesang
Iggy Pop – Hintergrundgesang
Warzawa (Live)
Sound And Vision
Always Crashing in the Same Car
Mit diesem profunden Wissen machte ich mich also auf die Socken, "Blue, Blue, 'lectric Blue" in den einschlägigen Plattenläden zu erwerben. Der Titel musste dermaßen neu und aktuell sein, dass auch kein einziger Musikfachhändler damit etwas anfangen konnte. Mein Kumpel war schon ein toller Typ - was der so alles kannte und locker aus dem Ärmel schüttelte...
Irgenwann und einige Zeit später hielt ich dann die LP "Low" in den Händen. Mein Einstiegssong wurde zwischenzeitlich in "Sound And Vision" umbenannt, klang aber noch genau so wie damals im Radio. Und ich gebe zu - anfangs konnte ich mit dem Gesamtalbum nicht viel anfangen. Es war ziemlich verstörend, die A-Seite mit den kurzen, fast verstümmelten Musikstücken. Und die B-Seite , instrumental-düster, kalt und technisch.
Inspiriert von Bands wie Kraftwerk oder Neu! komponierte Bowie gemeinsam mit Brian Eno ein durch und durch experimentelles Album, welches heute als eines seiner Meisterwerke gelten dürfte. Gemessen an seinen vorherigen Alben wie bspw. "Station To Station" oder "Ziggy Stardust" hatte Bowie, oft bezeichnet als "Das Chamäleon der Popmusik", hier wohl seinen radikalsten musikalischen Wandel vollzogen.
Instrumental eröffnet die A-Seite elektronisch mit "Speed Of Life", kühl-treibend, rhythmisch-nervös. Und instrumental endet Seite A mit "A New Career In A New Town", nicht weniger treibend. Ebenso dominiert der Synthie, im Vergleich zum Opener wirkt dieser Song düsterer als eben dieser. Zwischen diesen Instrumentals geht die Reise treibend, nervös, düster weiter. Nach bereits 1:52 endet "Breaking Glass" gerade dann, wenn man sich auf den Tanzgroove eingestellt hat und überlässt "What In The World", einem hektisch voranpeitschendem Song die Bühne. Kein Titel der A-Seite überschreitet die Länge von 3:30 Minuten, und so fügen sich sieben Titel zu einer kühl-homogenen, gefühlsflirrenden Einheit zusammen.
Die große Überraschung jedoch folgt prompt auf der B-Seite: Sollte man der Meinung unterliegen, kühler als das bisher gehörte geht es nicht mehr, sieht man sich arg getäuscht: Bereits der erste synthetische Tastenanschlag von "Warszawa" kann Beklemmungen auslösen. Und aus dieser Umklammerung entlässt Warszawa aus keiner einzigen seiner insgesamt 381 Sekunden. Ab und an scheint ein melodischer Hoffnungsschimmer aus der Umklammerung befreien zu wollen, aber die düster-tragende Grundstimmung lässt nicht los. Und bringt gleichzeitig die wohlverdiente Entspannung nach der hektischen A-Seite des Albums. "Warszawa" dürfte für viele Bands richtungsweisend gewesen sein - so haben sich zum Beispiel "Joy Division" anfangs nicht umsonst in Anlehnung an dieses musikalische Kleinod "Warsaw" genannt. "Warszawa" eröffnete auch eine zeitlang einige der Bowie-Liveacts - nicht immer zur Zufriedenheit des Publikums.
Mit den experimentellen Klängen von "Low" war Bowie seiner Zeit wahrhaftig ein Stückchen voraus. Die Düsternis des Albums, die sich ausbreitende Tristesse, die sich mit Suizid und Psychosen beschäftigenden Themen sind wohl dem Drogeneinfluss, unter dem Bowie damals stand, geschuldet. Vielleicht war "Low" für ihn ein Befreiungsschlag. Ganz sicher jedoch wird es heute, fast 40 Jahre nach seinem Erscheinen, nach anfänglicher Ablehnung, Verstörung und zwiespältiger Aufnahme seiner Kritiker als ein Meilenstein der Musiklandschaft angesehen. Und wird sicher weitere 40 Jahre überleben und noch zu hören sein, wenn heutige "Alben des Jahres" längst aus den Regalen und musikalischen Gedächtnissen verschwunden sein werden.
Musiker
David Bowie – Gesang, Gitarre, Saxophon, Vibraphones, Xylophones, Harmonica, Piano, Keyboards und div. elektronische Instrumente
Brian Eno – Gesang, Mini Moog, Synthesizer, Piano, Keyboards und div. elektronische Instrumente
Tony Visconti – Background
Carlos Alomar – Guitar
Ricky Gardener – Guitar
Dennis Davis – Drums
George Murray – Bass
Roy Young – Piano, Farfisa
Mary Visconti – Hintergrundgesang
Iggy Pop – Hintergrundgesang
Warzawa (Live)
Sound And Vision
Always Crashing in the Same Car