Der Verein "Nettetaler Literaturtage"
Im Rahmen der Nettetaler Literaturtage finden in Nettetal alle zwei Jahre Veranstaltungen mit teilweise ganz besonderen Highlights statt. So gaben sich hier bereits so namhafte Künstler wie Katharina Thalbach, Elke Heidenreich, Nina Hoger, Wolfgang Niedecken oder Frank Goosen die Ehre, ein interessiertes Publikum zu begeistern und zu beglücken.
Wer aber ist nun der Verein "Nettetaler Literaturtage"? Dies soll vor dem Bericht zum Abschlussabend des Jubiläumsprogramms, den 10. Nettetaler Literaturtagen, kurz erläutert werden:
Der Verein wurde 1995 gegründet und geht auf eine Initiative der Stadtbücherei Nettetal und den beiden ortsansässigen Buchhandlungen, Hans K. Matussek & Sohn in Lobberich sowie Der Buchladen in Kaldenkirchen zurück. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, das literarische Leben in Nettetal zu bereichern.
Und genau diese Bereicherung ist dem Verein in einem so erheblichen Maße gelungen, dass die Veranstaltungsreihe mittlerweile weit über die Grenzen Nettetals hinaus bekannt ist und eine große Anhängerschar gefunden hat.
Der Abschlussabend des Jubiläumsprogramms
fand in diesem Jahr an einem besonders exklusiven Ort statt. Ein nostalgisches Art Déco-Spiegelzelt, der »Cristal Palace«, ursprünglich ein romantisches Tanzzelt aus den 20er Jahren, wurde eigens für die Veranstaltungsreihe von Ende September bis Anfang Oktober in Nettetal, Ortsteil Breyell, installiert.
Wie kommt nun aber eine Größe wie Klaus Voormann in ein kleines Nest an der niederländischen Grenze? Hierzu gab Ulrich Schmitter, ein rührig um Literatur und Kultur Bemühter und sehr engagiertes Mitglied des oben genannten Vereins, gerne folgende Auskunft:
Wir wollten letztes Jahr im Oktober eigentlich schon einen Beatles-Abend machen (50 Jahre "Love me do" - erste Single), da hatten wir aber keine Literaturtage. Dann haben wir uns überlegt, dass wir 2013 ja 50 Jahre Beatlemania feiern könnten. Bei einem Gespräch darüber mit Ludger Peters von der Rheinischen Post fragte er, "lebt eigentlich Klaus Voormann noch?" Das haben wir dann recherchiert, waren ganz überrascht, dass er sogar in Deutschland (Tutzing) lebt und haben dann über mehrere Kanäle versucht Kontakt aufzunehmen. Ausgerechnet eine Bibliothekskollegin aus Weiden (Bayern) hatte dann den entscheidenden Tipp und danach hat es mehrere Verhandlungsrunden gedauert, bis er zugesagt hat. Er hat sich dann Frank Laufenberg als Gesprächspartner gewünscht, und auch der hat relativ unkompliziert sofort zugesagt.
Live in Nettetal: Klaus Voormann
Am Sonntagmorgen, dem Tag des Auftritts, bin ich noch flugs zum Veranstaltungszelt gefahren, um mir die Einrichtung und die Bestuhlung anzusehen. Im Zelt staunte ich nicht schlecht: dort saß er, Ulrich Schmitter, wie selbstverständlich neben Herrn Voormann und besprach den Ablauf des Abends.
Vorbereitet war bereits der vorgesehene Verkaufsstand, an dem es abends Bücher, CDs und Kunstdrucke zu kaufen gab, die Klaus Voormann signieren würde. Ebenfalls bereits am Verkaufsstand: Frau Voormann. Während eines kurzen Gespräches mit ihr fragte sie mich, ob ich etwas zum Signieren bei mir hätte. Natürlich nicht!!! Aber - sie versprach mir tatsächlich, noch 15 Minuten zu warten, bis ich mit zwei CDs zurück sei. Und in der Tat, Herr und Frau Voormann waren wirklich noch im Zelt. Er signierte die beiden (Revolver-) CDs, ließ sich freundlicherweise noch mit mir und dann mit seiner Frau ablichten. Ich hatte sogar die Gelegenheit, ihn kurz auf das Rock- und Popmuseum in der Schweiz, das Roland ja mit viel Herzblut gründete, anzusprechen. Herr Voormann erinnerte sich sofort an seinen Namen und die Mails, die Roland ihm bereits geschrieben hatte. Das fand ich natürlich sehr schön für Roland, und so verließ ich erst einmal den Veranstaltungsort und freute mich auf den kommenden Abend.
Vielleicht sind ein paar "jüngere" unter uns, die mit dem Namen Voormann nicht allzuviel anfangen können. Für diesen hoffentlich kleinen Personenkreis ein kleiner Abriss in aller Kürze:
Voormann, mittlerweile nicht anzumerkende 75 Jahre alt, lernte 1960 in Hamburg die Beatles kennen und war (...wohl bis heute) eng mit ihnen befreundet. Eine zeitlang spielte er dort den Bass, was neben anderen ehemaligen Beatles-Mitstreitern auch ihm den "Spitznamen" "der fünfte Beatle" einbrachte (für Paul McCartney war es wohl ausschließlich Brian Epstein). Später, 1966, zupfte er die Saiten bei Manfred Mann, mit dieser Band spielte er auch einige Hits ein. Ebenso entwarf er 1966 das weltberühmte Beatles-LP-Cover "Revolver", auf dem er sich selber am rechten Rand verewigte. Für dieses Schallplattencover wurde ihm 1967 ein Grammy verliehen. Weitere Bands bzw. Künstler, bei denen Voormann mitspielte, sind beispielsweise verschiedene Soloprojekte von John Lennon, Ringo Starr, George Harrison, Künstler wie Lou Reed, Carly Simon, B.B.King oder Harry Nilsson. Über sein Leben in der Musikszene schrieb Voormann in seinem 2003 veröffentlichten Buch "Warum spielst du "Imagine" nicht auf dem weißen Klavier, John?"
Um 20 Uhr eröffnete ein sichtlich sympathisch-nervöser Herr Schmitter die Veranstaltung, gab einige Hinweise zum Ablauf des Abends und eröffnete diesen mit einem kleinen Videotrailer zu Klaus Voormann. Darin begrüßt er alte Weggefährten, die bei seinem letzten großen Projekt "A Sideman's Journey" mitwirkten. Als da wären beispielsweise Ringo Starr, Dr. John, Paul McCartney, Yusuf Islam, Bonny Bramlet, The Manfreds oder Jim Keltner.
Nach diesem Trailer begrüßte Uli Schmitter endlich Klaus Voormann und Frank Laufenberg, beide sind jeweils mit Gattin angereist. Natürlich wurden Voormann / Laufenberg mit stürmischem Beifall überhäuft. Und ein schöner, kurzweiliger Abend begann.
Mit Frank Laufenberg hatte sich Klaus Voormann wohl ein Urgestein deutscher Radiokultur als Moderator und Gesprächspartner gewünscht. "Alten" Radiohasen dürfte er ebenso ein Begriff sein wie die in gleicher Liga spielenden Moderatoren Alan Bangs, Wilfried Trenkler, Roger Handt, Dave Coleman oder Mal Sandock - (Musik-) Moderatoren, wie es sie heute im deutschsprachigen Format- und Kommerzradio wohl nicht mehr gibt. Entsprechend sagte Ulrich Schmitter zur Begrüßung Frank Laufenbergs: "...er ist einer der Helden meiner Radiojugend - der Zeit, in der sich das Radiohören noch lohnte. Er hat Musikgeschichte geschrieben beim Südwestfunk und danach den WWF-Club moderiert"
Ihm gegenüber ein sichtlich gut gelaunter, sehr zurückhaltend-sympathischer Klaus Voormann. Trotz der Größe dieses Mannes keine Spur von Starallüren - ganz im Gegenteil, Herr Voormann wirkte über den ganzen Abend hinweg sehr bescheiden, manchmal leicht verschmitzt. Häufige freundliche Blickkontakte in das Publikum unterstrichen seine sympathische Art, nichts wirkte einstudiert oder "Gewollt". Und: - dieser Mann hatte etwas zu sagen, zu erzählen!
Frank Laufenberg (FL) beginnt den Gesprächsabend zunächst mit der Begrüßung des Publikums. Hier äußert er sich ausgesprochen positiv über das den Abend umgebende Ambiente, bevor er sich Klaus Voormann (KV) zuwendet.
Souverän führte Laufenberg durch den Abend, mal ernsthaft, mal witzig und scherzend. Er verstand es hervorragend, auf Voormann einzugehen, seine Fragen geschickt zu platzieren und an geeigneter Stelle nachzufragen. Voormann widerum gab zu allen Fragen nicht nur bereitwillig Auskunft. Er schmückte seine Antworten vielmehr mit kleinen Anekdoten aus, die das Publikum oft nachdenklich werden ließen oder abwechselnd zu lautem Lachen oder Zwischenbeifall verführten. Es war ein Genuss zu sehen und zu hören, wie diese beiden sich die Bälle zuspielten und Freude an dem Abend hatten.
Ein paar Beispiele dieses Gesprächsabends erklären dies wohl besser als jede Umschreibung:
FL: "...Du hast Dich endlich entschlossen, ein eigenes Album zu bringen, "A Sidemans Journey". Warum hast Du irgenwann gesagt, "jetzt ist es soweit, jetzt muss ich's machen?"
KV: "...das ist ganz schwierig, ich alleine hätte das nie gemacht. Ich war siebzig, und an meinem Geburtstag sagte meine Frau, "warum machst Du nicht mal 'nen kleinen Trip und besuchst Deine Freunde. Vielleicht macht ihr ja auch nebenbei ein bisschen Musik. Das ist dann ausgeartet, ich mag nicht halbe Sachen machen. Dass das dann direkt meine CD würde, daran hatte ich gar nicht gedacht."
---
FL: "...aber wie stellte er (Yusuf Islam) sich denn jetzt dar? Er hat ja irgendwann mal gesagt "Popmusik - will ich nicht mehr."
KV: "Ja, wie gesagt, das hat er wohl geändert" (Laufenberg und Publikum lachen laut)
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FL: lässt eine Grafik von Voormann zeigen, auf der John Lennons' Kopf schlafend auf einem Frühstücksteller ruht
KV: "...das ist beim Frühstücken, nicht?"
FL: "also, offensichtlich schmeckt's ihm nicht so"
KV: "ja, er schlief dann tatsächlich ein, und ich dachte, er macht 'nen Witz, ...der Kopf auf dem Teller. Die Zigarette in seinen Fingern. Und ich dachte, ich soll ihn lieber aufwecken. Aber dann dachte ich nur, die Zigarette brennt ja ab, da wird er schon von alleine wach" (Laut lachendes Publikum, laut lachender Laufenberg)
FL: "Ja, wer Dich zum Freund hat, braucht keine Feinde."
KV: "...als er aufwachte, sagte er "Scheiße, ist ja eiskalt.""
---
FL: "...die Beatles zu jenem Zeitpunkt haben sich weiterentwickelt und weiterentwickelt, und jetzt sind wir schon bei "Revolver", schon bei den Studioproduktionen, die dann nachher schon so waren, dass sie sie nicht mehr live spielen wollten - oder konnten?"
KV: "Konnten! Das war einfach schwierig umzusetzen. Das fing bei "Paperback Writer" an. Da waren die Stimmen so hoch. Paul singt ja, und die hohen Stimmen hat er im Studio auch gesungen. Was machst Du dann auf der Bühne?" - da stehste auf'm Schlauch." (Publikum lacht)
FL: "Ja, heute spielst Du das von hinten vom Band ein"
KV: "Na, damals gab es das eben noch nicht. Ne-ne, die wollten schon wenn, dann eine Liveband sein."
---
FL: "...dann hast Du aber auch miterlebt, wie sich die Beatles langsam voneinander entfernten. Sie gingen teilweise einzeln ins Studio, um einen Song aufzunehmen. Und der andere ist einen Tag später gekommen, damit sie sich gar nicht über den Weg laufen. Was war das für Dich für ein Gefühl zu sehen, wie die vier langsam auseinander bröseln?"
KV: "Naja, das war für mich ganz normal. Und ich glaube, die Fans oder das Publikum haben es erst viel später bemerkt. Aber, das ist ja auch das tolle. Dass Du vier Personen hast, die so unterschiedlich sind in ihrem Temperament. Und deswegen erst so eine tolle Band sind. Die müssen doch irgendwann einen eigenen Weg gehen, die können nicht beieinander bleiben. Wenn sie älter werden und sich entwickeln, können sie gar nicht zusammenbleiben. Es wäre völlig falsch, mit aller Gewalt zu versuchen, solch eine Band zusammen zu halten."
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FL (geht auf das Buch "Warum spielst du Imagine nicht auf dem weißen Klavier, John" ein): "wenn man Dein Buch liest, merkt man, dass Du eine ganz besondere..."
KV (unterbricht ihn) "Übrigens, das wollte ich noch sagen: Ich hab' das Buch gar nicht geschrieben."
Laufenberg schaut verdutzt, Publikum lacht.
FL: "Ja, ich war's auch nicht. Wer war's denn dann?" (Publikum lacht)
KV: "Das war meine Frau. Sie hat natürlich das geschrieben, was ich ihr so erzählt habe. Oder ich habe schon einmal kleinere Artikel für Japan geschrieben, und sie hat das dann mit ihren Worten übernommen. Aber, ich kann nicht gut schreiben."
FL: "Es gibt viele, ...Boris Becker, Dieter Bohlen, ...die veröffentlichen auch Bücher, ohne dass sie Talent haben - oder lassen schreiben." (Publikum lacht und applaudiert laut). "...aber die würden sich niemals, um's Verrecken nicht auf irgendeine Bühne dieser Welt setzen und sagen "ich war's nicht - war meine Frau". Das machst nur Du!".
Genug der Beispiele.
Die gesamte Gesprächsrunde wurde begleitet von Bild- und Musikbeispielen, und manch anwesendem Gast im Publikum dürfte erst dies, begleitet von "aaaahs" und "ooohs", die Erinnerung an ein gerade angesprochenes Musikstück oder eine besprochene Grafik zurückgebracht haben. Und ebenso waren es sicher nicht wenig Zuschauer respektive Zuhörer, denen erst an diesem Abend klar wurde, wie vielen musikalischen Welterfolgen Voormann mit seinen Bassläufen den nötigen Drive verliehen hat.
Nach guten zwei Stunden, aber gefühlten kurzen 60 Minuten ging der Abend dann zuende. Unter großem Applaus erhoben sich die beiden Gäste und grüßten ins Publikum, bevor Ulrich Schmitter sich "offiziell" bei ihnen für ihr Kommen und den wunderbaren Abend bedankte und sie letztendlich verabschiedete.
Wie versprochen, signierte Klaus Voormann am Ende des Abends noch sowohl die am Stand erworbenen Artikel als auch eigens mitgebrachte LP's, CD's, Grafiken oder Bücher. Dies alles mit viel Geduld, und oft hatte er für jeden mit seinem Artikel vor ihm stehenden nicht nur ein freundliches Lächeln, sondern auch ein paar Worte übrig. Mit diesem Bild im Kopf endete ein für mich, Frau C. und unsere Freunde wunderbarer, kurzweiliger Abend, den ich sicher so schnell nicht vergessen werde. Neben dieser großartigen Veranstaltung trugen sicher die hervorragende Organisation sowie die wunderbare Atmosphäre dieses Ortes ihren Teil dazu bei. Rundherum - ein perfekter Abend.
Nun erst, am Ende dieses Berichts, wird mir allmählich bewusst, neben wen mich Frau Voormann so selbstverständlich für ein Foto gestellt hat: neben einen Mann, der die Musikgrößen der Welt kennenlernte, mit ihnen Platten und Welterfolge einspielte, der weltberühmte Grafiken erschaffen hat und ein allseits begehrter Bassist war oder ist. Und während Deutschland seit Jahren unter Leitung von Dieter Bohlen seinen Superstar sucht, kann ich für mich behaupten: ich habe neben einem gestanden. Wahre Größe braucht eben nicht diesen ständigen Hype und lautes Getöse. Sie ist auch in stillen und bescheiden gebliebenen Menschen zu finden.
Im Rahmen der Nettetaler Literaturtage finden in Nettetal alle zwei Jahre Veranstaltungen mit teilweise ganz besonderen Highlights statt. So gaben sich hier bereits so namhafte Künstler wie Katharina Thalbach, Elke Heidenreich, Nina Hoger, Wolfgang Niedecken oder Frank Goosen die Ehre, ein interessiertes Publikum zu begeistern und zu beglücken.
Wer aber ist nun der Verein "Nettetaler Literaturtage"? Dies soll vor dem Bericht zum Abschlussabend des Jubiläumsprogramms, den 10. Nettetaler Literaturtagen, kurz erläutert werden:
Der Verein wurde 1995 gegründet und geht auf eine Initiative der Stadtbücherei Nettetal und den beiden ortsansässigen Buchhandlungen, Hans K. Matussek & Sohn in Lobberich sowie Der Buchladen in Kaldenkirchen zurück. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, das literarische Leben in Nettetal zu bereichern.
Und genau diese Bereicherung ist dem Verein in einem so erheblichen Maße gelungen, dass die Veranstaltungsreihe mittlerweile weit über die Grenzen Nettetals hinaus bekannt ist und eine große Anhängerschar gefunden hat.
Der Abschlussabend des Jubiläumsprogramms
fand in diesem Jahr an einem besonders exklusiven Ort statt. Ein nostalgisches Art Déco-Spiegelzelt, der »Cristal Palace«, ursprünglich ein romantisches Tanzzelt aus den 20er Jahren, wurde eigens für die Veranstaltungsreihe von Ende September bis Anfang Oktober in Nettetal, Ortsteil Breyell, installiert.
Wie kommt nun aber eine Größe wie Klaus Voormann in ein kleines Nest an der niederländischen Grenze? Hierzu gab Ulrich Schmitter, ein rührig um Literatur und Kultur Bemühter und sehr engagiertes Mitglied des oben genannten Vereins, gerne folgende Auskunft:
Wir wollten letztes Jahr im Oktober eigentlich schon einen Beatles-Abend machen (50 Jahre "Love me do" - erste Single), da hatten wir aber keine Literaturtage. Dann haben wir uns überlegt, dass wir 2013 ja 50 Jahre Beatlemania feiern könnten. Bei einem Gespräch darüber mit Ludger Peters von der Rheinischen Post fragte er, "lebt eigentlich Klaus Voormann noch?" Das haben wir dann recherchiert, waren ganz überrascht, dass er sogar in Deutschland (Tutzing) lebt und haben dann über mehrere Kanäle versucht Kontakt aufzunehmen. Ausgerechnet eine Bibliothekskollegin aus Weiden (Bayern) hatte dann den entscheidenden Tipp und danach hat es mehrere Verhandlungsrunden gedauert, bis er zugesagt hat. Er hat sich dann Frank Laufenberg als Gesprächspartner gewünscht, und auch der hat relativ unkompliziert sofort zugesagt.
Live in Nettetal: Klaus Voormann
Am Sonntagmorgen, dem Tag des Auftritts, bin ich noch flugs zum Veranstaltungszelt gefahren, um mir die Einrichtung und die Bestuhlung anzusehen. Im Zelt staunte ich nicht schlecht: dort saß er, Ulrich Schmitter, wie selbstverständlich neben Herrn Voormann und besprach den Ablauf des Abends.
Vorbereitet war bereits der vorgesehene Verkaufsstand, an dem es abends Bücher, CDs und Kunstdrucke zu kaufen gab, die Klaus Voormann signieren würde. Ebenfalls bereits am Verkaufsstand: Frau Voormann. Während eines kurzen Gespräches mit ihr fragte sie mich, ob ich etwas zum Signieren bei mir hätte. Natürlich nicht!!! Aber - sie versprach mir tatsächlich, noch 15 Minuten zu warten, bis ich mit zwei CDs zurück sei. Und in der Tat, Herr und Frau Voormann waren wirklich noch im Zelt. Er signierte die beiden (Revolver-) CDs, ließ sich freundlicherweise noch mit mir und dann mit seiner Frau ablichten. Ich hatte sogar die Gelegenheit, ihn kurz auf das Rock- und Popmuseum in der Schweiz, das Roland ja mit viel Herzblut gründete, anzusprechen. Herr Voormann erinnerte sich sofort an seinen Namen und die Mails, die Roland ihm bereits geschrieben hatte. Das fand ich natürlich sehr schön für Roland, und so verließ ich erst einmal den Veranstaltungsort und freute mich auf den kommenden Abend.
Vielleicht sind ein paar "jüngere" unter uns, die mit dem Namen Voormann nicht allzuviel anfangen können. Für diesen hoffentlich kleinen Personenkreis ein kleiner Abriss in aller Kürze:
Voormann, mittlerweile nicht anzumerkende 75 Jahre alt, lernte 1960 in Hamburg die Beatles kennen und war (...wohl bis heute) eng mit ihnen befreundet. Eine zeitlang spielte er dort den Bass, was neben anderen ehemaligen Beatles-Mitstreitern auch ihm den "Spitznamen" "der fünfte Beatle" einbrachte (für Paul McCartney war es wohl ausschließlich Brian Epstein). Später, 1966, zupfte er die Saiten bei Manfred Mann, mit dieser Band spielte er auch einige Hits ein. Ebenso entwarf er 1966 das weltberühmte Beatles-LP-Cover "Revolver", auf dem er sich selber am rechten Rand verewigte. Für dieses Schallplattencover wurde ihm 1967 ein Grammy verliehen. Weitere Bands bzw. Künstler, bei denen Voormann mitspielte, sind beispielsweise verschiedene Soloprojekte von John Lennon, Ringo Starr, George Harrison, Künstler wie Lou Reed, Carly Simon, B.B.King oder Harry Nilsson. Über sein Leben in der Musikszene schrieb Voormann in seinem 2003 veröffentlichten Buch "Warum spielst du "Imagine" nicht auf dem weißen Klavier, John?"
Um 20 Uhr eröffnete ein sichtlich sympathisch-nervöser Herr Schmitter die Veranstaltung, gab einige Hinweise zum Ablauf des Abends und eröffnete diesen mit einem kleinen Videotrailer zu Klaus Voormann. Darin begrüßt er alte Weggefährten, die bei seinem letzten großen Projekt "A Sideman's Journey" mitwirkten. Als da wären beispielsweise Ringo Starr, Dr. John, Paul McCartney, Yusuf Islam, Bonny Bramlet, The Manfreds oder Jim Keltner.
Nach diesem Trailer begrüßte Uli Schmitter endlich Klaus Voormann und Frank Laufenberg, beide sind jeweils mit Gattin angereist. Natürlich wurden Voormann / Laufenberg mit stürmischem Beifall überhäuft. Und ein schöner, kurzweiliger Abend begann.
Mit Frank Laufenberg hatte sich Klaus Voormann wohl ein Urgestein deutscher Radiokultur als Moderator und Gesprächspartner gewünscht. "Alten" Radiohasen dürfte er ebenso ein Begriff sein wie die in gleicher Liga spielenden Moderatoren Alan Bangs, Wilfried Trenkler, Roger Handt, Dave Coleman oder Mal Sandock - (Musik-) Moderatoren, wie es sie heute im deutschsprachigen Format- und Kommerzradio wohl nicht mehr gibt. Entsprechend sagte Ulrich Schmitter zur Begrüßung Frank Laufenbergs: "...er ist einer der Helden meiner Radiojugend - der Zeit, in der sich das Radiohören noch lohnte. Er hat Musikgeschichte geschrieben beim Südwestfunk und danach den WWF-Club moderiert"
Ihm gegenüber ein sichtlich gut gelaunter, sehr zurückhaltend-sympathischer Klaus Voormann. Trotz der Größe dieses Mannes keine Spur von Starallüren - ganz im Gegenteil, Herr Voormann wirkte über den ganzen Abend hinweg sehr bescheiden, manchmal leicht verschmitzt. Häufige freundliche Blickkontakte in das Publikum unterstrichen seine sympathische Art, nichts wirkte einstudiert oder "Gewollt". Und: - dieser Mann hatte etwas zu sagen, zu erzählen!
Frank Laufenberg (FL) beginnt den Gesprächsabend zunächst mit der Begrüßung des Publikums. Hier äußert er sich ausgesprochen positiv über das den Abend umgebende Ambiente, bevor er sich Klaus Voormann (KV) zuwendet.
Souverän führte Laufenberg durch den Abend, mal ernsthaft, mal witzig und scherzend. Er verstand es hervorragend, auf Voormann einzugehen, seine Fragen geschickt zu platzieren und an geeigneter Stelle nachzufragen. Voormann widerum gab zu allen Fragen nicht nur bereitwillig Auskunft. Er schmückte seine Antworten vielmehr mit kleinen Anekdoten aus, die das Publikum oft nachdenklich werden ließen oder abwechselnd zu lautem Lachen oder Zwischenbeifall verführten. Es war ein Genuss zu sehen und zu hören, wie diese beiden sich die Bälle zuspielten und Freude an dem Abend hatten.
Ein paar Beispiele dieses Gesprächsabends erklären dies wohl besser als jede Umschreibung:
FL: "...Du hast Dich endlich entschlossen, ein eigenes Album zu bringen, "A Sidemans Journey". Warum hast Du irgenwann gesagt, "jetzt ist es soweit, jetzt muss ich's machen?"
KV: "...das ist ganz schwierig, ich alleine hätte das nie gemacht. Ich war siebzig, und an meinem Geburtstag sagte meine Frau, "warum machst Du nicht mal 'nen kleinen Trip und besuchst Deine Freunde. Vielleicht macht ihr ja auch nebenbei ein bisschen Musik. Das ist dann ausgeartet, ich mag nicht halbe Sachen machen. Dass das dann direkt meine CD würde, daran hatte ich gar nicht gedacht."
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FL: "...aber wie stellte er (Yusuf Islam) sich denn jetzt dar? Er hat ja irgendwann mal gesagt "Popmusik - will ich nicht mehr."
KV: "Ja, wie gesagt, das hat er wohl geändert" (Laufenberg und Publikum lachen laut)
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FL: lässt eine Grafik von Voormann zeigen, auf der John Lennons' Kopf schlafend auf einem Frühstücksteller ruht
KV: "...das ist beim Frühstücken, nicht?"
FL: "also, offensichtlich schmeckt's ihm nicht so"
KV: "ja, er schlief dann tatsächlich ein, und ich dachte, er macht 'nen Witz, ...der Kopf auf dem Teller. Die Zigarette in seinen Fingern. Und ich dachte, ich soll ihn lieber aufwecken. Aber dann dachte ich nur, die Zigarette brennt ja ab, da wird er schon von alleine wach" (Laut lachendes Publikum, laut lachender Laufenberg)
FL: "Ja, wer Dich zum Freund hat, braucht keine Feinde."
KV: "...als er aufwachte, sagte er "Scheiße, ist ja eiskalt.""
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FL: "...die Beatles zu jenem Zeitpunkt haben sich weiterentwickelt und weiterentwickelt, und jetzt sind wir schon bei "Revolver", schon bei den Studioproduktionen, die dann nachher schon so waren, dass sie sie nicht mehr live spielen wollten - oder konnten?"
KV: "Konnten! Das war einfach schwierig umzusetzen. Das fing bei "Paperback Writer" an. Da waren die Stimmen so hoch. Paul singt ja, und die hohen Stimmen hat er im Studio auch gesungen. Was machst Du dann auf der Bühne?" - da stehste auf'm Schlauch." (Publikum lacht)
FL: "Ja, heute spielst Du das von hinten vom Band ein"
KV: "Na, damals gab es das eben noch nicht. Ne-ne, die wollten schon wenn, dann eine Liveband sein."
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FL: "...dann hast Du aber auch miterlebt, wie sich die Beatles langsam voneinander entfernten. Sie gingen teilweise einzeln ins Studio, um einen Song aufzunehmen. Und der andere ist einen Tag später gekommen, damit sie sich gar nicht über den Weg laufen. Was war das für Dich für ein Gefühl zu sehen, wie die vier langsam auseinander bröseln?"
KV: "Naja, das war für mich ganz normal. Und ich glaube, die Fans oder das Publikum haben es erst viel später bemerkt. Aber, das ist ja auch das tolle. Dass Du vier Personen hast, die so unterschiedlich sind in ihrem Temperament. Und deswegen erst so eine tolle Band sind. Die müssen doch irgendwann einen eigenen Weg gehen, die können nicht beieinander bleiben. Wenn sie älter werden und sich entwickeln, können sie gar nicht zusammenbleiben. Es wäre völlig falsch, mit aller Gewalt zu versuchen, solch eine Band zusammen zu halten."
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FL (geht auf das Buch "Warum spielst du Imagine nicht auf dem weißen Klavier, John" ein): "wenn man Dein Buch liest, merkt man, dass Du eine ganz besondere..."
KV (unterbricht ihn) "Übrigens, das wollte ich noch sagen: Ich hab' das Buch gar nicht geschrieben."
Laufenberg schaut verdutzt, Publikum lacht.
FL: "Ja, ich war's auch nicht. Wer war's denn dann?" (Publikum lacht)
KV: "Das war meine Frau. Sie hat natürlich das geschrieben, was ich ihr so erzählt habe. Oder ich habe schon einmal kleinere Artikel für Japan geschrieben, und sie hat das dann mit ihren Worten übernommen. Aber, ich kann nicht gut schreiben."
FL: "Es gibt viele, ...Boris Becker, Dieter Bohlen, ...die veröffentlichen auch Bücher, ohne dass sie Talent haben - oder lassen schreiben." (Publikum lacht und applaudiert laut). "...aber die würden sich niemals, um's Verrecken nicht auf irgendeine Bühne dieser Welt setzen und sagen "ich war's nicht - war meine Frau". Das machst nur Du!".
Genug der Beispiele.
Die gesamte Gesprächsrunde wurde begleitet von Bild- und Musikbeispielen, und manch anwesendem Gast im Publikum dürfte erst dies, begleitet von "aaaahs" und "ooohs", die Erinnerung an ein gerade angesprochenes Musikstück oder eine besprochene Grafik zurückgebracht haben. Und ebenso waren es sicher nicht wenig Zuschauer respektive Zuhörer, denen erst an diesem Abend klar wurde, wie vielen musikalischen Welterfolgen Voormann mit seinen Bassläufen den nötigen Drive verliehen hat.
Nach guten zwei Stunden, aber gefühlten kurzen 60 Minuten ging der Abend dann zuende. Unter großem Applaus erhoben sich die beiden Gäste und grüßten ins Publikum, bevor Ulrich Schmitter sich "offiziell" bei ihnen für ihr Kommen und den wunderbaren Abend bedankte und sie letztendlich verabschiedete.
Wie versprochen, signierte Klaus Voormann am Ende des Abends noch sowohl die am Stand erworbenen Artikel als auch eigens mitgebrachte LP's, CD's, Grafiken oder Bücher. Dies alles mit viel Geduld, und oft hatte er für jeden mit seinem Artikel vor ihm stehenden nicht nur ein freundliches Lächeln, sondern auch ein paar Worte übrig. Mit diesem Bild im Kopf endete ein für mich, Frau C. und unsere Freunde wunderbarer, kurzweiliger Abend, den ich sicher so schnell nicht vergessen werde. Neben dieser großartigen Veranstaltung trugen sicher die hervorragende Organisation sowie die wunderbare Atmosphäre dieses Ortes ihren Teil dazu bei. Rundherum - ein perfekter Abend.
Nun erst, am Ende dieses Berichts, wird mir allmählich bewusst, neben wen mich Frau Voormann so selbstverständlich für ein Foto gestellt hat: neben einen Mann, der die Musikgrößen der Welt kennenlernte, mit ihnen Platten und Welterfolge einspielte, der weltberühmte Grafiken erschaffen hat und ein allseits begehrter Bassist war oder ist. Und während Deutschland seit Jahren unter Leitung von Dieter Bohlen seinen Superstar sucht, kann ich für mich behaupten: ich habe neben einem gestanden. Wahre Größe braucht eben nicht diesen ständigen Hype und lautes Getöse. Sie ist auch in stillen und bescheiden gebliebenen Menschen zu finden.