Roland Heinrich - Lichterloh

mit dem HIT: 400 Kilometer bis nach Essen

 
firebyrd
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Roland Heinrich - Lichterloh

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Gepostet: 22.11.2010 - 09:54 Uhr  ·  #1
Roland Heinrich - Lichterloh


Bear Family Records veröffentlichte dieses Jahr bereits ein Appetithäppchen zum Künstler. Hier war es hauptsächlich die gesangliche Darbietung, für die ich die meiste Kritik fand: viewtopic.php?t=15656

Vorliegende Platte, produziert vom Künstler selbst, erschien 2009 auf Agrar Berlin. Immer dann, wenn der Gesang ganz natürlich eingesetzt wird, gewinnen diese Titel für mich sehr an Interesse. Und bis auf einige Ausnahmen gelingt das auf "Lichterloh" viel besser, als auf den von mir mit Kritik bedachten Stücken auf "Warten auf den Zug".
Einwandfrei und für den absoluten Pluspunkt halte ich die Texte, oft voller Melancholie, da kommen echt witzige Aussagen, dann wieder atmen sie große Tragik, aber stets reflektieren sie gute Beobachtung. So lässt Heinrich seinen Gedanken bei "ICE" aufgrund momentaner Eindrücke freien Lauf, das ist 'nahe', man scheint mit im Abteil zu sitzen. Dazu geht es rhythmisch eher im Stil alter Züge denn im eher geräuschlosen ICE ab; auch das ist fein beobachtet und musikalisch einwandfrei umgesetzt. Vor allem begeistert mich hier die Gitarrenarbeit, die sogar Anklänge an ganz alte Pink Floyd aufweisen(ungewöhnlich). Man sollte einmal genau hinhören, denn es sind auch wieder Tonfetzen alter Surfbands integriert, sehr interessant ist das!

Wieder Kritik angesagt ist bei "Das Lied vom armen Tropf" und zwar hinsichtlich dessen, was ich bereits bei meiner ersten Rezension bemängelte: Der Gesang kommt sehr gedrückt und wirkt eher gequält, allerdings wäre das einem 'armen alten Tropf' auch zuzugestehen, insofern mag es hier passen. Der "4200 Blues" mit dem Theremin und den Blechdosen ist völlig skurril. Das, was hier abgeht, klingt seltsam und auf diese merkwürdige, aber auch wieder faszinierende Weise habe ich noch keinen Blues gehört, es klingt irgendwie auch 'old timey' an. Nun denn …
Ganz anders der nächste Blues: Er swingt sehr gut, die Band agiert locker und unverkrampft und legt eine coole Stimmung vor, über der sich Heinrich vielleicht wieder etwas zu unnatürlich verhält mit dem Gesang, aber das ist ein Titel, der den Blues hat.
»Das Ende beginnt, meine Chance entrinnt, im Sog der Unentschlossenheit«. Ein klarer Pluspunkt dieser Platte. In diesem Stil möchte ich einmal gern eine ganze Platte hören, für mich liegt hier eine Stärke des Sängers!

Einfach gestrickt und überzeugend im Ausdruck ist "Sitzkontakt", und ganz besonders auf der 'Habenseite' kommt der Countrysong "Fensterbrettmelodie" mit der schön wimmernden Steel Guitar und der klackernden Bariton-Gitarre.
Und dann "400 Kilometer bis nach Essen" - das ist schon so etwas wie ein Hit, mindesten im 'Pott' sollte das einer sein, oder? Auf diesem Album ist eindeutig die bessere Version des Tracks und auch hier passt der Gesang wie die Faust aufs Auge. Hier kommt das so, wie ich es für passend halte, nicht gekünstelt, kein Versuch, wie irgendjemand zu klingen. Genauso auf dem Titelsong, den singt Heinrich stark und überzeugend. Dieser schleppende Titel mit dem Country-Twang zählt zu den besten der Scheibe, auch der Text ist ganz vortrefflich 'aus dem Leben gegriffen' und die gute Beobachtung wird naheliegend und nahebringend ausgeführt!
Die traurige Geschichte vom Absturz des Billy zum Berber ist richtig fein in traditioneller Spielart vorgetragen ("Berber Billy"). Im sanft shuffelnden Texas Blues-Stil erfreut uns Heinrich mit einer anderen Variante seines Schaffens auf dem "Traumtänzer Blues". Also - die Band hat es echt drauf, diesen lockeren und nicht zu verrockten Blues zu bringen! Zum Schluss dann eine traurige Ballade mit Mandoline, einer Moritat nicht unähnlich ... Und hier die große Überraschung: Gesanglich ist das die stärkste und einwandfreiste Leistung des Sängers, das scheint überzeugend aus dem Bauch zu kommen, das berührt das Thema (»Ich sauf mich tot«) auf berührende Weise. Wirklich klasse vorgetragen!
Insgesamt bietet "Lichterloh" mehr Geschlossenheit als die mehr zusammengewürfelte Kompilation auf Bear Family, und ich kann immer wieder nur betonen, es kommt besser, gesanglich einfach natürlich und locker aus dem Bauch heraus zu agieren, denn die Versuche in Richtung Jimmy Rodgers & Co, wirken mir zu 'knödelig', zu verkniffen, und das wirkt dann eher ins Lächerliche gezogen denn ernsthaft, wie es die Texte eigentlich ausdrücken. Das muss nicht sein, es geht doch anders!
Musikalisch habe ich gar nichts zu bemängeln, denn die Band beherrscht die verschiedenen Spielarten der Platte souverän.

Die Musiker:

Roland Heinrich (Gesang, Akustikgitarre, Kontrabass - #1, Kazoo - #2, Percussion - #2, 5, Leadgitarre - #4, E-Gitarre - #6, 10, 11, Mundharmonika - #6, 10, 11, Bariton-Gitarre - #9)
Rudie Blazer (Pedal Steel - #2, 5, 9, Mandoline - #2, 12, E-Gitarre - #4, 8, 9, Harmoniegesang - #5)
Uwe Grefrath (E-Gitarre - #1)
Norbert Dengler (Banjo - #2, E-Gitarre - #5)
Joscha Glass (Kontrabass - #2, 4, 5, 8, 9)
Oldrik Scholz (Kontrabass - #6, 7, 10, 11)
Nout Grupstra (Mandoline - #10, singende Säge - #11)
Benny Glass (Schlagzeug - #2, 4, 5, 8, 9)
Stefan Bevermeier (Schlagzeug - #1)
Fritz Blessing (Piano - #4, 8)
Frank "Pa" Kleingünther (Banjo - #6)
Mick Rausch (Pedal Steel - #7)
Barbara Buchholz (Theremin - #3, Blechdosen - #3)
Thomas Block (Bariton-Gitarre - #7)


Die Titel:

01:ICE (3:35)
02:Das Lied vom armen Tropf (2:02)
03:4200 Blues (2:55)
04:Stromschnellen Blues (2:56)
05:Vorsätzlich (4:06)
06:Sitzkontakt (4:49)
07:Fensterbrettmelodie (2:39)
08:400 Kilometer bis nach Essen (2:35)
09:Lichterloh (4:18)
10:Berber Billy (4:11)
11:Traumtänzer Blues
12:Feuerwasser (3:20)
(alle Texte: Roland Heinrich)


Wolfgang
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Re: Roland Heinrich - Lichterloh

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Gepostet: 22.11.2010 - 10:47 Uhr  ·  #2
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