Winding Stairs - Surviving Funeral Season

Independent Pop der besonderen Art, aus Schweden

 
firebyrd
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Winding Stairs - Surviving Funeral Season

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Gepostet: 12.08.2011 - 08:10 Uhr  ·  #1
Winding Stairs - Surviving Funeral Season


Wieder einmal erreicht uns Musik aus Schweden - das heißt - aufmerken, denn fast alles, was uns musikalisch aus Skandinavien erreicht, ist irgendwie angenehm anders.
Nach Winding Stairs' vielgerühmtem Debütalbum aus dem vergangenen Jahr, "Everything", wird die Geschichte nun mit "Surviving Funeral Season" fortgeschrieben.

“You are the future you say you're always way ahead...“, mit verspieltem Vokaleinsatz, unterstützt von zartem Violinenspiel, startet die Platte des schwedischen Duos. Nach gut einer Minute ist das erste skurril anmutende Element, ein 'whistling choir', zu hören, der im Laufe des Stückes noch mehrmals eingesetzt wird. Unter dem begleitenden Druck des Schlagzeuges ist das Violinensolo für mich der Höhepunkt dieses ungewöhnlichen Starts einer Platte voller Independent Pop. Auffällig integriert ist die zum Ausklang stärker präsent werdende Elektronik, die dann bereits mit quietschendem Synthesizer den zweiten Titel einläutet, der - gelinde gesagt – vom Keyboardsound her recht 'preiswert' klingt.
Schon nach kurzem Anlauf entwickelt sich erneut eine verspielte Vielfalt von Eindrücken, immer wieder wird der Fluss durch neue Ideen, durch den Einsatz neuer Instrumente oder Samples unterbrochen. Da ist dann auch schon die erste Assoziation - Kate Bush. Doch die ist für mich eindeutig professioneller in dem, was sie produziert (hat). Bei Winding Stairs herrscht dann noch gelegentlich ein charmant amateurhafter Anflug vor, gerade, was den elektronischen Einsatz auf diesem Stück betrifft.

Vielschichtige Gesangsarrangements sind nicht nur Ausdruck des folgenden Songs, "In Colour", der sich darüber hinaus noch schunkelnd seinen Weg bahnt, bevor sich nach gut einer Minute wieder die Elektronik stark verbreitet. Dies ist ein reibender Aspekt, der mir persönlich nicht so sehr zusagt, weil ich der Meinung bin, dass man das mit 'echten' Instrumenten noch viel schöner hinbekommen hätte. Eben nahbarer, wärmer und noch verträumter im Ausdruck... So bleibt die Fantasie mitunter 'platt'. Das abrupte Ende nach vier Minuten hätte in dieser Form auch nicht sein müssen.
"Crosses" - nun geht es ganz stark in Richtung Kate Bush, die ebenfalls immer wieder hinsichtlich ungewöhnlicher Arrangements für Überraschungen gut war.
Der eindeutig positive Aspekt ist für mich die Vielseitigkeit innerhalb der einzelnen Songs, wobei die Gesamtschau dennoch eher ein einheitliches Bild abgibt. Die Betrachtungsweise ist insofern auf das Detail zu richten. Hier bordet die Fantasie dann manchmal auch über, das ist gut gemacht! Und sicher mag es auch einen Hintergrund haben, dass man die Elektronik in diesem hohen Maße einsetzte, insofern entstand eine eigene Art von Fusion, doch dieses ist letztlich auch Geschmackssache.

Meine persönlichen Favoriten sind "Everything Takes Place" und "Echo Of My Mind", die mit sehr vielen Elementen, gelegentlich auch Funk, sehr verspielt und gelungen in der Ausführung sind. Die rein elektronischen Elemente dienen hier lediglich als Ausschmückung und bestimmen nicht vordergründig dem Charakter des Songs.
Ferner haben zwei Titel meine Gunst erlangt: "Tom", weil sich die Melodie so schön beschwingt und träumerisch durch die vier Minuten Spielzeit schlängelt, so mag ich das, das ist feen- und elfengleich - sowie "I Cry My Eyes Out", weil es einerseits ein so schöner Song ist, bei dem Lina sich über der Pianobegleitung tummeln kann, und andererseits die Autoharp hier so schön hineinpasst.
Als nicht so positiv ist mir bei einigen Titeln aufgefallen, dass die Vokalabstimmung zwischen Wedin und Wahlquist in den Harmonien nicht sehr gut gelungen ist. Dem Sänger fehlt es etwas an Ausdruck, was mir stark bei "Let's Talk About Nothing" auffällt, bei dem mich sein zu zurückhaltender, fast schon gehauchter, relativ ausdrucksloser Gesang eher stört. Besser macht er es auf "But Maybe", mit fast einer Stimmlage in Richtung Cliff Richard! Dies scheint eine Songvariante zu sein, die besser zu ihm passt. Auch ist dieser Song einer jener, die ich meiner obigen Favoritenliste einverleiben möchte - ein Song, der durch schöne Pianolinien, durch brummelnden Bass, durch unterschwellig 'schwelende', elektrische Gitarren und dezent eingestreute Celloklänge getragen wird.

Der auf vielen Platten vorhandene 'Hidden Track' wird uns von Winding Stairs ganz 'offen' präsentiert, als Track zehn mit dem entsprechenden Titel. Mit Chor, Glockenspiel, Melodica und Trompete wird bei diesem Song noch ein anderes Kapitel aufgeschlagen, das ganz dezente jazzige Elemente aufweist, zart und fast hingetupft. Die Trompete hätte ich jedoch noch etwas präsenter eingesetzt.
Unterm Strich bleibt für mich eine Platte mit hochinteressanter Musik, die einen ganz hohen Grad von persönlicher Handschrift aufweist und seine glänzenden Momente dann vorweisen kann, wenn die Elektronik etwas zurück gefahren wird.

Musiker:


Lina Wedin (vocals, percussion -#1, synthesizer - #2, 4, programming - #2-4, melodica - #2, 10 , piano - #8, glockenspiel - #10)
Martin Wahlquist (acoustic guitar - #1, 5, 7, 8, 10 , electric guitar - #1, 8, 10 , percussion - #1, vocals, piano - #4)
Anna Engberg (violin - #1, 2, 5, 6, cello - #5, 6)
Martin Molin (synthesizer - #1, 2, 4, 5, drums - #1, theremin - #4, saw - #7, bass - #8, electric guitar - #8, autoharp - #9, banjo - #9)
Viktor Skokic (bass - #1, 3, 5-7, 9, 10)
Anna Sannö (whistling choir - #1)
Andreas Nyman (whistling choir - #1, choir - #10)
Simon Dahlström (whistling choir - #1, choir - #10)
Andreas Bygdell (Korg ms20 - #2)
Arvid Kästel (piano - #2, 4-7, 9, 10)
Nicholaus Sparding (acoustic guitar - #2, choir - #10)
Tommie Karlsson (accordion - #3, 7, clarinet - #7)
Åsa Bergquist (piano - #3)
Saft Stockholm (vocals - #4)
Fredrik Hamrå (drums - #5-8, 10, trumpet - #10)
Ulrika Hägglund (cello - #8)

Alle Titel:


01:Everything Takes Place (3:38)
02:Rare Treat (3:41)
03:In Colour (4:11)
04:Crosses (3:08)
05:Echo Of My Mind (3:27)
06:Tom (4:06)
07:Let's Talk About Nothing (3:04)
08:But Maybe (4:14)
09:I Cry My Eyes Out (5:18)
10:Hidden Track (4:54)


http://www.windingstairs.com/


Wolfgang
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