Volker Engelberth Trio - Perpetuum

 
firebyrd
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Volker Engelberth Trio - Perpetuum

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Gepostet: 28.08.2012 - 08:14 Uhr  ·  #1
Volker Engelberth Trio - Perpetuum


Ich glaube, Piano-Trios haben es gar nicht so leicht, denn in der Geschichte des Jazz hat es schon viele derer gegeben. Doch 'hängen geblieben', weil sie neue Wege beschritten, stilprägend wirkten oder ganz einfach 'anders' waren, sind im Laufe der Zeit nicht wirklich viele. Da fallen mir das Oscar Peterson Trio, Bill Evans, Bud Powell , Keith Jarrett, das Ramsey Lewis Trio, E.S.T. (die Dreierformation um den Pianisten Esbjörn Svensson) oder relativ aktuell noch die Formation um Helge Lien ein.

Nun wird ein neues Trio in den Wettbewerb geworfen, jenes des Kölner Pianisten Volker Engelberth. Er ist ein studierter Musiker und startete mit klassischem Klavierunterricht und war unter anderem in der Praxisschule von Peter Herbolzheimer im Bundesjazzorchester. Dieses Trio ist aktuell nur eines von mehreren Formaten, in denen er seine Musik vorstellt. Hier wird er von dem in Offenburg geborenen Bassisten Arne Huber und dem aus Basel stammenden Schlagzeuger Silvio Morger begleitet. Beide haben ebenfalls ein Studium hinter sich.
Ja, die Zeit derer, die Jazz ohne einen entsprechenden theoretischen Hintergrund spielten, scheint lange vorbei. Oft wirkt die Musik jener dann - wie man oft hört - 'akademisch'. Das soll nun nicht ausschließen, dass sich auch Naturtalente unter diesen Musikern befinden. Ist diese hier zu besprechende Musik nun auch als 'akademisch' einzustufen?
Aufgenommen zwischen dem 21. und 23. Dezember 2011 in Köln könnte gar eine vorweihnachtliche Stimmung die Musik durchziehen. Klingt es also ein wenig feierlich? Feiern kann man auf jeden Fall als Hörer die sehr wohlgefällige Musik, die sich hier aber wieder abseits der herkömmlichen Pianotrios aus dem Jazz bewegt. Kammermusikalischer Jazz wäre auf jeden Fall eine Schublade für das Vorgetragene. Auch hier nicht der wilde, eruptive Jazz des Aufbruchs in der wüsten, losgelösten Welle des Be Bops unter dem Hintergrund von Bluesstrukturen, sondern eher europäisch geprägte und 'gepflegte' Klänge. Harmonie und Rhythmik durchzieht die Titel wie ein dichtes Geflecht, ich habe den Eindruck, stets mehr Komposition als Improvisation zu erleben. Mehr Lyrik, weniger Swing, manchmal mehr Klassik als Jazz.

Das ist weitestgehend auch solche Musik, mit der das Trio beim Label ECM durchaus hätte unterkommen können. Hier sehe ich durchaus Parallelen zur Musik eines Bobo Stenson, auch was die Spielweise der Rhythmussektion angeht. Es wird fein ziseliert und subtil musiziert unter Einbeziehung recht vieler Strukturen verschiedener Musikstile aus aller Welt. Sehr abwechslungsreich und spannend ist vor allem der Titel "Bonsai" - hier sollte man beide Ohren intensiv aufsperren und dann einfach genießen. Gelegentlich gewinnt aber doch der Jazz die Oberhand, so bereits bei der dritten Komposition. Hier wird sehr locker und spontan gespielt und Morger setzt klar swingende Akzente. Aber auch ganz ruhige Momente gibt es, sei es "Der Blauwal", der gemächlich seine Runden durch das Meer der Melodie pflügt, oder der Titel "Johnish", der wirklich wie die Faust aufs Auge auf eine ECM-Produktion passen würde.

Ungeachtet dieser beiden Beispiele ist die Platte durchgehend geprägt von eher ruhiger Stimmung, voller Harmonien und Schönheit, was ich als sehr angenehm und entspannend empfinde. Wenn dann noch solche hochwertige Gestaltung der Kompositionen hinzukommt, dann ist hier doch ein gewisser Volltreffer gelungen.
Andererseits ist keine stilprägende Musik entstanden, nichts wirklich Neues, doch persönliche Momente, die sich in die Geschichte der Pianotrios einreihen. Ja, ein Platz innerhalb der mittlerweile großen Schar der Guten ist ihnen gewiss, soweit ich dieses empfehlen dürfte. Ach ja, ein wenig 'akademisch' wirkt es bisweilen, aber nicht alles klingt nur durchdacht. Persönlich hätte ich natürlich noch gern etwas von dem Feuer des Be Bop als weitere Zutat.

Musiker:

Volker Engelberth (piano)
Arne Huber (bass)
Silvio Morger (drums)

Titel:

01:Perpetuum (6:57)
02:Bonsai (5:37)
03:The Green Board (6:01)
04:Der Blauwal (8:09)
05:Johnish (6:41)
06:Miniatur No-1 (7:43)
07:Awakening (5:53)
08:Familiar Places (5:39)
(all compositions by Volker Engelberth)

http://www.volkerengelberth.com/


Wolfgang
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