Hiromi – Move

mit Anthony Jackson und Simon Phillips

 
firebyrd
Labelboss
Avatar
Geschlecht: keine Angabe
Herkunft: Hausgeburt (Ausgeburt?)
Beiträge: 36966
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Hiromi – Move

 · 
Gepostet: 17.12.2012 - 08:33 Uhr  ·  #1
Hiromi – Move

Zwei Jahre ist es auch schon wieder her, dass ich mich zuletzt der japanischen Pianistin Hiromi widmete.

( viewtopic.php?t=15004&highlight=hiromi )

Mit der Besetzung dieser neuen Platte wurde bereits im letzten Jahr die Platte "Voice" veröffentlicht, als 'Trio Project' mit dem Bassisten Anthony Jackson und dem Schlagzeuger Simon Phillips. Angesichts des Schlagzeugers darf man nicht nur Jazz erwarten und auch der Bassist ist kein reiner Jazzer, sondern war eher im Fusion-Bereich tätig. So gibt es hier auch einen elektrischen Bass, der mal sanft schnurrt und mal heftig knurrt.

Bereits beim ersten Titel ist Swing Fehlanzeige. Das hört sich eher wie eines der Frühwerke von Emerson, Lake & Palmer an. Hiromi spielt sehr perkussiv auf dem Piano und es klingt in der Tat so, als hätte sich Keith Emerson der Bearbeitung einer klassischen Vorlage angenommen. Also schon fast Prog Rock? Nun, Grenzen sind fließend und oft sind es eben Jazzmusiker/innen, die sich öffnen und für vieles offen sind und dieses dann entsprechend gestalten.
Hier zeigt sich die Japanerin unglaublich virtuos. Die Finger scheinen über die Tasten zu fliegen. Dabei ist es nicht das typische Muster bei der Erzielung von Rekorden. Nein, das alles fließt unglaublich natürlich und dynamisch. Herrlich, wie die Rhythmusgruppe dabei unterstützt. Aber Jazz ist es eben überhaupt nicht, also im herkömmlichem Sinn. Jazzmäßig ist dagegen die Improvisation, der sich auch Bass und Schlagzeug anschließen. Innerhalb der solistischen Höhenflüge bleiben Melodik und Harmonie jedoch nicht auf der Strecke. Die einzelnen Stücke haben einen gewissen Wiedererkennungswert - es sind eben gut umgesetzte Kompositionen.

Neben Rock trägt die Musik auch avantgardistische und klassisch inspirierte Züge. Dabei bleibt es nicht nur beim reinen Einsatz des akustischen Pianos. Schon bei "Endeavor", dem dritten Titel, quaken die Keyboards wie einst in den Siebzigern. Nun, das ist Geschmacksache - mich selbst stört es ein wenig, doch werde ich durch den Rest des Stückes entschädigt, das sanft rockend Platz für virtuos perlende Pianoläufe lässt. Es macht Freude und bereitet Schauer der Verzückung, diesem Spiel zuzuhören.

Nach dem in Teilen leicht romantischen "Rainmaker", das mich sehr stark an die Musik Chick Coreas erinnert, folgt eine dreiteilige Suite von fast zwanzig Minuten Dauer. Und hier geht es dann richtig ab! Im ersten Teil heißt es sogleich Volldampf. Phillips spielt in feinster Jazz Rock-Manier und scheint die Mitspieler mitzureißen - mich als Zuhörer auch. Dann folgt ein kalter Schauer mit Gänsehaut - Anzeige '01:17' auf dem Display und es swingt höllisch los. Auch Jackson mit dem Bass lässt diesen flink und elastisch rotieren. Eine ganze Platte mit diesem Swing und man müsste mich anschließend wohl erst beruhigen! Beim zweiten Teil der Suite hört sich der Bass in der schwebenden Einleitung wie eine Gitarre an. Der Untertitel "Fantasy" passt, wie die Faust aufs Auge! Auch hier kommt im Mittelteil ein jazziges Intermezzo - dieses Mal als berührende Ballade, wobei die Pianistin unglaublich viel Gefühl ausdrückt. Der dritte Teil ist dann erneut der wilden Einer und “Return To Forever“ fallen mir hierzu spontan ein. Verarbeitet werden in diesem Stück Motive aus der Klassik, stets dezent verpackt und locker einfließend, nie dominierend. Ja, eine Ausbildung in klassischer Musik zahlt sich doch aus.

"Margarita!" funkt und rockt - eine weitere Nuance wird eingestreut und auch hier zirpen die Synthies wieder. Diesmal erinnert es mich an Jan Hammer und seinen speziellen Sound. Und dann folgt noch einmal ein ganz langes Stück mit dem Abschlusstitel über elfeinhalb Minuten, der mit romantischen Passagen sanft und solo einleitet, aber die Mitmusiker treten noch in Erscheinung. Phillips zeigt auch hier mit federnden Drums, wie flexibel er sein kann und welch großartiger Schlagzeuger er doch ist. Eine kleine Trommeleinlage gibt er auch zum Besten - sehr zart und feinfühlig, aber auch dezent zupackend. Sogar bluesige Untertöne im Pianospiel halten noch Einzug und unterstreichen noch einmal die Vielfalt dieser Musik. Die Rhythmusgruppe hat somit keine reine Statistenfunktion, sondern ist aktives Mitglied in diesem Strudel von Ereignissen. Mit anderen Musikern hätte das sicher anders geklungen. Die letztjährige Tournee in dieser Formation hat sich offensichtlich mit dem Ergebnis dieses traumhaften Zusammenspiels ausgezahlt.

Die Drei:

Hiromi (piano, keyboards)
Anthony Jackson (contrabass guitar)
Simon Phillips (drums)

Titel:

01:Move (8:34)
02:Brand New Day (7:02)
03:Endeavor (7:24)
04:Rainmaker (7:28)
05:Suite Escapism - "Reality" (5:32)
06:Suite Escapism - "Fantasy" (6:36)
07:Suite Escapism - "In Between" (7:52)
08:Margarita! (7:28)
09:11:49 PM (11:29)
(all songs written and composed by Hiromi)



http://www.hiromimusic.com/

Wolfgang
Trurl
Konstrukteur & Frikadellenbändiger
Avatar
Geschlecht:
Beiträge: 12743
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Re: Hiromi – Move

 · 
Gepostet: 17.12.2012 - 12:00 Uhr  ·  #2
Ich will aber nicht, heul - mein armes Geld, es schmilzst wie der Schnee

Trurl
firebyrd
Labelboss
Avatar
Geschlecht: keine Angabe
Herkunft: Hausgeburt (Ausgeburt?)
Beiträge: 36966
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Re: Hiromi – Move

 · 
Gepostet: 17.12.2012 - 12:47 Uhr  ·  #3
Rainer The Mage
 
Avatar
 
Betreff:

Re: Hiromi – Move

 · 
Gepostet: 17.12.2012 - 19:05 Uhr  ·  #4
Eine feine Musikerin, neben Saori Yano eine der Jazz-Neuentdeckungen des Jahres bei mir :D
Gewählte Zitate für Mehrfachzitierung:   0

Registrierte in diesem Topic

Aktuell kein registrierter in diesem Bereich

Die Statistik zeigt, wer in den letzten 5 Minuten online war. Erneuerung alle 90 Sekunden.