Denez Prigent - Sarac'h
Denez Prigent war mein persönlicher Gewinner unseres Song-Contests „Filmmusik“ (Denez Prigent: Gortoz A Ran / Film: Black Hawk Down). Damals schrieb ich zu meiner Wertung: „hier passen Musik und Film zusammen - beklemmend schöne Musik (Bestellvorgang wird folgen)“.
Ein Bestellvorgang ist erfolgt und schon beim ersten Hören dieser Platte hat es mich richtig gepackt – wie schon seit langem nicht mehr. Mit dieser "Neuentdeckung" hat Alan Stivell für mich starke Konkurrenz bekommen.
Zur bretonischen Volksmusik, …so ganz allgemein
Das große Repertoire bretonischer Musik reicht von Helden- und Klageliedern (Gwerziou) über Liebeslieder (Soniou) bis hin zu Märschen und Tanzliedern (Kan ha diskan) und wurde anfangs meist mündlich überliefert. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Lieder schriftlich festgehalten und in einer großen Sammlung 1839 veröffentlicht. Interpreten wie Alan Stivell, Tri Yann, Gilles Servat und Denez Prigent greifen in ihrer Musik auf diese umfangreiche Sammlung traditioneller Lieder zurück und verbinden sie mit modernen Einflüssen. Die Musik zeichnet sich durch einen eigenwilligen Klang aus, der besonders durch die besonderen regionalen Instrumente (s.u.) erzeugt wird.
Zum Künstler, …ganz kurz
Denez Prigent wurde 1966 in der Bretagne nahe Brest geboren. Schon früh begeisterte er sich für den Gesang der Großmutter. Durch die Harmonie zwischen dem Gesang, der bretonischen Sprache und der Natur, entdeckte er so in frühester Jugend seine Liebe zur bretonischen Volksmusik. Seit seinem 16. Lebensjahr steht auf der Bühne. Er interpretiert bretonische Lieder, teils a cappella, teils elektronisch, teils akustisch unterlegt, bringt aber auch eigene Kompositionen. Seine bevorzugten Lieder sind das Tanzlied und das Klagelied.
Die CD
"Sarac‘h" ist sein 5. von insgesamt 6 Alben (incl. 1 Live-Album und einer Best-Of) und wurde im Jahr 2003 veröffentlicht.
Ich spare mir, alle mitwirkenden Musiker aufzuführen, da ich über 20 Namen nennen müsste. Aber die Instrumentalisierung ist beeindruckend, und da mache ich mir gerne die Mühe (ohne die Garantie der Vollständigkeit):
Saiteninstrumente
Gitarre, E-Gitarre, Akustikbass, Gembri (dreisaitige Bassgitarre), Violine, Cello, chinesische Geige, arabische Geige, akustische und elektrische Bouzouki, Oud (arabische Kurzhalslaute), Langhalslaute
Blasinstrumente
Irische Flöte, Bombarde (bretonisches Blasinstrument), Bansuri (nordindische Querflöte), armenische Duduk (Holzblasinstrument), Biniou (bretonischer Dudelsack), Gaita (spanischer Dudelsack), irischer Dudelsack, schottischer Dudelsack
Tasteninstrumente
Keyboards, Synthesizer, Hammond-Orgel, Akkordeon
Drums
Schlagzeug, Trommeln, Bodhrán (irische Rahmentrommel), Scottish Snare Drum (schottische Trommel), Becken, Percussions, Tabla (nordindisches Schlaginstrument)
Titel
1. An hini a garan (Duett mit Lisa Gerrard) - trad.
2. E garnison! (Duett mit Louise Ebrel) - trad.
3. Sarac‘h
4. Geotenn ar marv (Duett mit Mari Boine)
5. N‘eus forzh… (Duett mit Yanka Rupkina)
6. Dispi
7. Son Alma Ata
8. Gwerz Kiev (Duett mit Karen Matheson)
9. Ar gwez-sapin
10. Ar vamm lazherez
1. An hini a garan
Ein traditionelles Stück eröffnet das Album. Es erinnert stilistisch stark an die eingangs erwähnte Titelmelodie aus Black Hawk Down und zeichnet sich durch sehr intensiven, vorherrschenden Gesang aus. Unterstützt wird er dabei durch Lisa Gerrard. Die beiden singen hier weniger als ein echtes Duett. Lisa Gerrards‘ Stimme wirkt eher als Ausschmückung, als Instrument zur Verstärkung der mystischen Momente. Ein zum Heulen schönes Auftaktstück.
Hier zum Anhören:
2. E garnison!
Auch das 2. Stück ist traditionell. E garnison! ist ein bretonisches Tanzlied, sehr schnell gespielt. Hier hört man den typisch bretonischen Wechselgesang. Denez Prigent und die Bretonin Louise Ebrel, mit ihrer eigenwilligen rauchigen Stimme, wechseln sich beim Gesang ab, werfen sich die Sätze zu. Wie schade, dass man leider kein Wörtchen versteht.
3. Sarac‘h
Sarac‘h (übersetzt: der Wind raschelt in den Blättern) ist ein ruhiges, anfangs sehr getragenes Lied mit einer wunderbaren Instrumentierung. Das Tempo steigert sich nur leicht. Tradition wird hier wunderbar mit Rock und Elektronik kombiniert.
4. Geotenn ar marv
Mari Boine singt im Duett mit Denez Prigent und drückt diesem Lied deutlich ihren Stempel auf. Ein sehr ruhiges Lied, geheimnisvoll. Deutlich sind hier elektronische Töne im Spiel.
5. N‘eus forzh…
A capella tragen Denez Prigent und die bulgarische Sängerin Yanka Rupkina dieses Klagelied vor. So viel Tragik ist fast zu viel des Traurigen. Hier vermisse ich besonders eine Textübersetzung, die die Schwere der Melodie und Musik verstehen lässt.
6. Dispi
Auch dieses Lied drückt von der ersten bis zur letzten Sekunde Hoffnungslosigkeit aus. Ein Klagelied, düster und pessimistisch, mit wunderschöner gefühlvoller Stimme vorgetragen. Wieder kommt Elektronik zum Einsatz.
7. Son Alma Ata
Bevor man nun in tiefe Depression verfällt, folgt mit „Son Alma Ata“ nach vier ruhigen Liedern wieder ein Tanzlied. Dieses Lied ist Alma Ata, der Partnerstadt von Rennes, gewidmet. Denez Prigent singt hier von der Unmöglichkeit, als bretonischer Sänger nach Kasachstan auf ein Festival eingeladen zu werden. Genau dies ist ihm Anfang der 90er Jahre geschehen. Ein Lied, welches Lebensfreude ausdrückt und bei dem man nur schwer auf dem Sofa sitzen bleiben kann.
8. Gwerz Kiev
„Gwerz Kiev“ ist wieder ein Klagelied. Im Duett mit der schottischen Sängerin Karen Matheson erzählt DP über die vom Sowjet-Regime vorsätzlich verursachte Hungersnot in den 1932/33 Jahren in der Ukraine, die geschätzte vier Millionen Tote forderte. Ein unter die Haut gehendes Lied.
9. Ar gwez-sapin
Verhaltener Anfang mit a capella-Gesang und langsam einsetzender, sparsamer Instrumentierung. Das Stück steigert sich, der Gesang wird immer schneller und kraftvoller, wie auch die Instrumente Oud, Tabla, Bombarde, Bouzouki, Irischer Dudelsack.
10. Ar vamm lazherez
Den Abschluss bildet ein ruhiges, orientalisch angehauchtes Stück. Die armenische Duduk eröffnet das Stück. Vorherrschendes „Instrument“ ist dann aber die Stimme. Die eigentlichen Instrumente bilden hier den Rahmen, um dem Thema noch mehr Eindringlichkeit zugeben. Zum Einsatz kommt auch wieder Elektronik. Auch mit diesem Stück beweist Denez Prigent seinen Sinn für Dramatik und Gefühl. (Die Duduk gehört zu den ältesten Doppelrohrblatt-Instrumenten der Menschheit. Im Jahre 2005 wurde ihre Musik zum immateriellen UNESCO Weltkulturerbe erklärt.)
Dieser Silberling hat überwiegend ernste Themen. Gerne würde ich die Texte verstehen. Und dies ist das aus meiner Sicht einzige Manko: Textübersetzungen würden sehr zum Verständnis für die vorherrschende Schwere der Musik beitragen.
Wikipedia gibt ein wenig Aufschluss. Hauptthemen sind die Bretagne, insbesondere die bretonische Sprache, die geschundene Natur, aber ebenso Ungerechtigkeit, Krankheit, Tod.
Einige Beispiele:
Geotenn ar marv: Protest gegen Gentechnisch veränderte Organismen
Dispi: eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Kultur und insbesondere der bretonischen Sprache
Ar gwez-sapin: ein Lied über die Flurbereinigung
Ar vamm lazherez: ein Lied über eine Mutter, die ihre zwölf ersten Töchter tötet
Abschließend noch eine Anmerkung:
Die fröhlichen Tanzlieder sind klar in der Unterzahl. Dennoch hat diese CD bewirkt, dass ich am liebsten sofort meinen Koffer packen und mir den bretonischen Wind um die Nase wehen lassen möchte.
Denez Prigent war mein persönlicher Gewinner unseres Song-Contests „Filmmusik“ (Denez Prigent: Gortoz A Ran / Film: Black Hawk Down). Damals schrieb ich zu meiner Wertung: „hier passen Musik und Film zusammen - beklemmend schöne Musik (Bestellvorgang wird folgen)“.
Ein Bestellvorgang ist erfolgt und schon beim ersten Hören dieser Platte hat es mich richtig gepackt – wie schon seit langem nicht mehr. Mit dieser "Neuentdeckung" hat Alan Stivell für mich starke Konkurrenz bekommen.
Zur bretonischen Volksmusik, …so ganz allgemein
Das große Repertoire bretonischer Musik reicht von Helden- und Klageliedern (Gwerziou) über Liebeslieder (Soniou) bis hin zu Märschen und Tanzliedern (Kan ha diskan) und wurde anfangs meist mündlich überliefert. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Lieder schriftlich festgehalten und in einer großen Sammlung 1839 veröffentlicht. Interpreten wie Alan Stivell, Tri Yann, Gilles Servat und Denez Prigent greifen in ihrer Musik auf diese umfangreiche Sammlung traditioneller Lieder zurück und verbinden sie mit modernen Einflüssen. Die Musik zeichnet sich durch einen eigenwilligen Klang aus, der besonders durch die besonderen regionalen Instrumente (s.u.) erzeugt wird.
Zum Künstler, …ganz kurz
Denez Prigent wurde 1966 in der Bretagne nahe Brest geboren. Schon früh begeisterte er sich für den Gesang der Großmutter. Durch die Harmonie zwischen dem Gesang, der bretonischen Sprache und der Natur, entdeckte er so in frühester Jugend seine Liebe zur bretonischen Volksmusik. Seit seinem 16. Lebensjahr steht auf der Bühne. Er interpretiert bretonische Lieder, teils a cappella, teils elektronisch, teils akustisch unterlegt, bringt aber auch eigene Kompositionen. Seine bevorzugten Lieder sind das Tanzlied und das Klagelied.
Die CD
"Sarac‘h" ist sein 5. von insgesamt 6 Alben (incl. 1 Live-Album und einer Best-Of) und wurde im Jahr 2003 veröffentlicht.
Ich spare mir, alle mitwirkenden Musiker aufzuführen, da ich über 20 Namen nennen müsste. Aber die Instrumentalisierung ist beeindruckend, und da mache ich mir gerne die Mühe (ohne die Garantie der Vollständigkeit):
Saiteninstrumente
Gitarre, E-Gitarre, Akustikbass, Gembri (dreisaitige Bassgitarre), Violine, Cello, chinesische Geige, arabische Geige, akustische und elektrische Bouzouki, Oud (arabische Kurzhalslaute), Langhalslaute
Blasinstrumente
Irische Flöte, Bombarde (bretonisches Blasinstrument), Bansuri (nordindische Querflöte), armenische Duduk (Holzblasinstrument), Biniou (bretonischer Dudelsack), Gaita (spanischer Dudelsack), irischer Dudelsack, schottischer Dudelsack
Tasteninstrumente
Keyboards, Synthesizer, Hammond-Orgel, Akkordeon
Drums
Schlagzeug, Trommeln, Bodhrán (irische Rahmentrommel), Scottish Snare Drum (schottische Trommel), Becken, Percussions, Tabla (nordindisches Schlaginstrument)
Titel
1. An hini a garan (Duett mit Lisa Gerrard) - trad.
2. E garnison! (Duett mit Louise Ebrel) - trad.
3. Sarac‘h
4. Geotenn ar marv (Duett mit Mari Boine)
5. N‘eus forzh… (Duett mit Yanka Rupkina)
6. Dispi
7. Son Alma Ata
8. Gwerz Kiev (Duett mit Karen Matheson)
9. Ar gwez-sapin
10. Ar vamm lazherez
1. An hini a garan
Ein traditionelles Stück eröffnet das Album. Es erinnert stilistisch stark an die eingangs erwähnte Titelmelodie aus Black Hawk Down und zeichnet sich durch sehr intensiven, vorherrschenden Gesang aus. Unterstützt wird er dabei durch Lisa Gerrard. Die beiden singen hier weniger als ein echtes Duett. Lisa Gerrards‘ Stimme wirkt eher als Ausschmückung, als Instrument zur Verstärkung der mystischen Momente. Ein zum Heulen schönes Auftaktstück.
Hier zum Anhören:
2. E garnison!
Auch das 2. Stück ist traditionell. E garnison! ist ein bretonisches Tanzlied, sehr schnell gespielt. Hier hört man den typisch bretonischen Wechselgesang. Denez Prigent und die Bretonin Louise Ebrel, mit ihrer eigenwilligen rauchigen Stimme, wechseln sich beim Gesang ab, werfen sich die Sätze zu. Wie schade, dass man leider kein Wörtchen versteht.
3. Sarac‘h
Sarac‘h (übersetzt: der Wind raschelt in den Blättern) ist ein ruhiges, anfangs sehr getragenes Lied mit einer wunderbaren Instrumentierung. Das Tempo steigert sich nur leicht. Tradition wird hier wunderbar mit Rock und Elektronik kombiniert.
4. Geotenn ar marv
Mari Boine singt im Duett mit Denez Prigent und drückt diesem Lied deutlich ihren Stempel auf. Ein sehr ruhiges Lied, geheimnisvoll. Deutlich sind hier elektronische Töne im Spiel.
5. N‘eus forzh…
A capella tragen Denez Prigent und die bulgarische Sängerin Yanka Rupkina dieses Klagelied vor. So viel Tragik ist fast zu viel des Traurigen. Hier vermisse ich besonders eine Textübersetzung, die die Schwere der Melodie und Musik verstehen lässt.
6. Dispi
Auch dieses Lied drückt von der ersten bis zur letzten Sekunde Hoffnungslosigkeit aus. Ein Klagelied, düster und pessimistisch, mit wunderschöner gefühlvoller Stimme vorgetragen. Wieder kommt Elektronik zum Einsatz.
7. Son Alma Ata
Bevor man nun in tiefe Depression verfällt, folgt mit „Son Alma Ata“ nach vier ruhigen Liedern wieder ein Tanzlied. Dieses Lied ist Alma Ata, der Partnerstadt von Rennes, gewidmet. Denez Prigent singt hier von der Unmöglichkeit, als bretonischer Sänger nach Kasachstan auf ein Festival eingeladen zu werden. Genau dies ist ihm Anfang der 90er Jahre geschehen. Ein Lied, welches Lebensfreude ausdrückt und bei dem man nur schwer auf dem Sofa sitzen bleiben kann.
8. Gwerz Kiev
„Gwerz Kiev“ ist wieder ein Klagelied. Im Duett mit der schottischen Sängerin Karen Matheson erzählt DP über die vom Sowjet-Regime vorsätzlich verursachte Hungersnot in den 1932/33 Jahren in der Ukraine, die geschätzte vier Millionen Tote forderte. Ein unter die Haut gehendes Lied.
9. Ar gwez-sapin
Verhaltener Anfang mit a capella-Gesang und langsam einsetzender, sparsamer Instrumentierung. Das Stück steigert sich, der Gesang wird immer schneller und kraftvoller, wie auch die Instrumente Oud, Tabla, Bombarde, Bouzouki, Irischer Dudelsack.
10. Ar vamm lazherez
Den Abschluss bildet ein ruhiges, orientalisch angehauchtes Stück. Die armenische Duduk eröffnet das Stück. Vorherrschendes „Instrument“ ist dann aber die Stimme. Die eigentlichen Instrumente bilden hier den Rahmen, um dem Thema noch mehr Eindringlichkeit zugeben. Zum Einsatz kommt auch wieder Elektronik. Auch mit diesem Stück beweist Denez Prigent seinen Sinn für Dramatik und Gefühl. (Die Duduk gehört zu den ältesten Doppelrohrblatt-Instrumenten der Menschheit. Im Jahre 2005 wurde ihre Musik zum immateriellen UNESCO Weltkulturerbe erklärt.)
Dieser Silberling hat überwiegend ernste Themen. Gerne würde ich die Texte verstehen. Und dies ist das aus meiner Sicht einzige Manko: Textübersetzungen würden sehr zum Verständnis für die vorherrschende Schwere der Musik beitragen.
Wikipedia gibt ein wenig Aufschluss. Hauptthemen sind die Bretagne, insbesondere die bretonische Sprache, die geschundene Natur, aber ebenso Ungerechtigkeit, Krankheit, Tod.
Einige Beispiele:
Geotenn ar marv: Protest gegen Gentechnisch veränderte Organismen
Dispi: eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Kultur und insbesondere der bretonischen Sprache
Ar gwez-sapin: ein Lied über die Flurbereinigung
Ar vamm lazherez: ein Lied über eine Mutter, die ihre zwölf ersten Töchter tötet
Abschließend noch eine Anmerkung:
Die fröhlichen Tanzlieder sind klar in der Unterzahl. Dennoch hat diese CD bewirkt, dass ich am liebsten sofort meinen Koffer packen und mir den bretonischen Wind um die Nase wehen lassen möchte.