WIPERS - Youth Of America (Restless, 1981)

 
Guestuser
 
Avatar
 
Betreff:

WIPERS - Youth Of America (Restless, 1981)

 · 
Gepostet: 01.02.2008 - 14:44 Uhr  ·  #1
Greg Sage noch vorzustellen erübrigt sich wahrscheinlich. Jeder von Euch sollte diesen Namen zumindest schon einmal gehört haben. Man sagt oft, dass Greg Sage zur "SST"-Gemeinde gehörte (Black Flag, Minutemen, Saint Vitus, Screaming Trees), doch Greg Sage war doch einiges vielseitiger. So kann man den Mann bis heute nicht grundsätzlich stilmässig einordnen. Sicher: Er hat viel Punkiges gemacht, er lärmte schon mal derart, dass man weghören musste. Und doch hat er im Jahre 1981 diesen einen sensationellen Meilenstein "Youth of America" hingelegt. Diese Platte dürfte meiner Meinung nach in keiner gut rockenden Plattensammlung fehlen!

"Youth of America" unterschied sich ziemlich vom sonstigen Platten-Ausstoss der Band. Die Platte klang viel differenzierter als andere Post-Punk Produktionen aus der Zeit. New Wave entstand ja letztlich aus dem britischen Punk heraus, und Greg Sage war ja ein Amerikaner. Die Amis konnten in jenen Tagen Bands wie "Television" oder "Talking Heads" ihr eigen nennen. Hier passt das Album "Youth of America" stilistisch auch sehr gut dazwischen, wenngleich es hier eher härter und schneller zu Gange geht - eine Art Ramones mit Anspruch, vielleicht.

Zum Zeitpunkt der Aufnahmen zu diesem genialen Album war es ja gang und gäbe, möglichst kurze Riffs zu spielen und dabei möglichst hart, laut und schnell zu agieren ("Discharge" ist da noch immer Spitzenreiter mit einem 13-sekündigen Song!!!). Ganz anders Greg Sage, der "When It's Over" (Ein Knaller erster Güte!) ganze 10 Minuten lang herunterschrammte. Damit erntete er in Amerika zwar keinen Beifall, dafür aber in Europa. Hierzulande war man fasziniert von den Wipers, und ich frage mich noch heute, warum der Mann diesen einmal eingeschlagenen Weg später nicht konsequent weiterverfolgte. Greg Sage verkaufte in den Staaten jeweils nur mässig Platten. Auch "Youth of America" war alles andere als ein Kassenschlager. Heute jedoch höre ich oft, wie herausragend dieses Album damals doch gewesen sei.

Das hat was für sich: Wenn ich mir heute diese CD wieder anhöre, dann kommt es mir manchmal so vor, als hätte 25 Jahre lang kaum eine Band mehr eine gute Punkrock Platte gemacht! Nana, das ist wohl doch etwas übertrieben. Zugegeben: Wayne Kramer (MC 5) bringt auch heute noch diesen unwiderstehlichen Groove, der einem immer wieder fesselt. Aber eben leider auch nicht immer.

Der Anspieltipp:

"When It's Over" ist ganz klar DER Ueberflieger auf diesem phantastischen Album. 10 Minuten Geradeaus-Rock pur. Aufgebaut auf einem sich immer wiederholenden, völlig hypnotischen Gitarrenriff zeigt es einige Parallelen zum "Bolero"-Thema von Maurice Ravel. Quasi ein Ravel-Punk. (Boah, das sind ja Vergleiche....)

Weitere Highlights:

"Taking Too Long" ist Hypno-Rock der Marke "Magic Mushroom Band", eigentlich ein richtiger Jam-Rock, der völlig losgelöst wirkt, dabei aber trotzdem immer straff strukturiert bleibt. Greg's Leadgitarre spielt eine äusserst prägnante Linie, die in den Gehörgängen kleben bleibt.

"Pushing The Extreme" ist ein ultraschneller Fäkalrock, fett gespielt und mit einem derart scharfen, schneidenden Flying V-Solo, dass es Dir die Zahnplomben aus der Knabberleiste sägt.

"Youth Of America": Der Titel-Track entstammt einem Traum von Greg Sage, in welchem er sich die Zukunft einer zunehmend orientierungslosen, von Kommerz zerfressenen Jugend vorstellt. Wie man heute sehen kann, zeigte er sich hier als kleiner Visionär.

Fazit: Eines der leider völlig untergegangenen Alben eines Ausnahmemusikers, der sich heute jedoch nur noch in nichtssagenden, dumpfen Punk-Plattitüden suhlt.

"Youth Of America" jedoch war sein ultimativer Geniestreich!

:rocker:
stanweb
 
Avatar
 
Betreff:

Re: WIPERS - Youth Of America (Restless, 1981)

 · 
Gepostet: 01.02.2008 - 15:48 Uhr  ·  #2
1. finde ich diese Plattenkritik affeng...

und 2. bin ich jetzt scharf auf dieses Album geworden.

Ich hab da so eine Vorstellung die Richtung D.O.A. feat. Jello Biafra geht.
Kann man das vergleichen?
freaksound
Toningenieur
Avatar
Geschlecht:
Herkunft: Oberbayern
Alter: 59
Beiträge: 5099
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Re: WIPERS - Youth Of America (Restless, 1981)

 · 
Gepostet: 01.02.2008 - 16:56 Uhr  ·  #3
nö, aber geil ist die Scheibe allemal !!!!!!!

keine Vipersplatte danach war mehr so gut.

Muß ich unbedingt wieder rauskramen !!


@ Beatnik : SST war für mich einer der Leuchttürme die mir halfen die 80er zu üeberleben.
Finde das Label war sehr vielschihtig und wird zu sehr auf seine Punkwurzeln reduziert (wobei Black Flag und Hüsker Dü natürlich schon Schwergewichte sind)

Da waren aber auch bands wie Alternatives oder Universal Congress of die den Jazz mit heftigem verknüpften, oder die Blind Idiot God die Dub mit etwas Hardcore aufpeppten (aber nicht wie Bad Brains, sondern in Dub-Schema, aber fett und heftig, schwer zu beschreiben).
Dinosaur Jr lernten bei SST gehen, Sister Double Happiness ebenfalls.
Mit Zoogs Rift war zeitweilig eine sehr eigenwillige Zappa-Variante bei SSt vertreten.
Es gab vieles heftiges aber auch so manches Einiges Avangardistisches, Jazziges und damals wirklich Neues und Eigenständiges.
Gewählte Zitate für Mehrfachzitierung:   0

Registrierte in diesem Topic

Aktuell kein registrierter in diesem Bereich

Die Statistik zeigt, wer in den letzten 5 Minuten online war. Erneuerung alle 90 Sekunden.