Die Quellen der Möglichkeiten, Neues zu endecken, sind schier unendlich. HiFi-Magazine, Musikzeitschriften in Form von Print- sowie Onlinemedien oder die Masse an Musikvorstellungen allein in unserem Musikzirkus seien stellvertretend hierfür genannt. Wer hier halbwegs auf dem Laufenden bleiben möchte findet kaum Zeit, in der vorhandenen Musiksammlung alte Schätzchen wiederzufinden. Hier bedarf es oft eines Anstoßes, sich der eigenen Musik zu erinnern. Dies kann durch einen gerade im Radio oder durch den Zufallsmodus des Mediaplayers gespielten Song geschehen. Oder aber, wie im Fall dieser Wiederentdeckung, durch die Suche nach einem geeigneten Song für unseren gerade mal wieder laufenden Songcontest. Gefragt war aktuell nach einem Musikstück für das Thema "Singing Sitar". Und voilá - diese bereits in Vergessenheit geratene Scheibe landete im CD-Player - zwar ohne einen geeigneten Contestsong, dafür aber eine Granaten-Wiederentdeckung:
The Artwoods - Art Gallery GB 1966 (erweiterte Remasterausgabe 2009 auf
Repertoire REP 5134)
Steigen wir ein in unser SciFi-Reisemobil und machen eine kleine Zeitreise. Unterwegs winken wir
Deep Purple zu, grüßen die
Bluesbrakers und schmettern ein "Hallo" in's
Colosseum, bevor wir 1966 zur Landung ansetzen. Rhythm and Blues war populär, Bands wie "
The Animals", die "
Spencer Davis Group" oder "
Them" waren in aller Munde. Und für eine kurze Zeit mischten eben auch die "
Art Woods", gegründet 1963, mit.
Uschi Nerke hätte vermutlich liebend gern den Opener des Albums, "
Can You Hear Me", in ihrem Beat-Club angesagt.
Art Woods Stimme erinnert ein wenig an einen
Van Morrison aus der
Them-Zeit. Bereits in diesem blendend gecoverten
Lee Dorsey-Song zeigt ein
John Lord, was er an den Tasten zu leisten vermag. Eine schmissig-rhythmische Beatnummer mit der Tendenz, möglichst schnell auf die Tanzfläche zu springen - wenn dort bloß nicht bereits solch ein Gedrängel wäre.
Can You Hear Me
In ähnlich locker-flockigem Fahrwasser schwimmt "
Things Get Better", eine typischer 60er-Jahre Beatnummer. Auch hier haben die
Artwoods wieder einen guten Riecher dafür bewiesen, dass aus einem bereits guten Song noch ein wenig herauszukitzeln sein könnte. Das Original wurde von Eddi Floyd in Rille gepresst und stammte aus der Feder
Cropper-Floyd-Jackson.
Things Get Better
Eine erste fette Duftmarke setzt Jon Lord in dem Instrumentalstück "
Walk On The Wild Side". Nach anfänglich recht gemäßigten und geordneten Tönen lässt sich im Mittelteil am Horizont bereits eine Gruppe namens
Deep Purple erahnen.
Walk On The Wild Side
Zweifelsfrei hatten
The Artwoods mit "
Art Gallery" ein tolles und vor Spielfreude strotzendes Album veröffentlicht. Dennoch blieb ihnen, trotz einiger veröffentlichter Singles sowie erfolgreicher Liveauftritte ein Erfolg versagt. Möglicherweise mag das daran gelegen haben, dass auf ihren Alben (und speziell auf diesem) kaum eigene Kompositionen, sondern vielmehr Coverversionen eingespielt wurden. Die einzige Eigenkomposition, die ich auf
Art Gallery finden konnte, stammt von
Jon Lord. Der Song ist als Bonustrack vorhanden und wurde ursprünglich auf "
Jazz in Jeans" veröffentlicht:
Routine
Ebenfalls unter den Bonussongs zu finden ist der Titel der Single, der der Band letztendlich zu einem kleinen Durchbruch verhalf. Auch hier hatten sie wieder ein glückliches Händchen bewiesen, die richtige Coverauswahl zu treffen. Aber nicht nur
The Artwoods coverten "
I Take What I Want". Mit
The Hollies, The Bishops, Aretha Franklin oder
The Tremeloes wähnten sie sich in guter Gesellschaft.
I Take What I Want
Quintessenz:
Mit "
Art Gallery" werden die 60er wieder lebendig - zumindest, was das Musikgefühl der damaligen Zeit betrifft. Und mit "
The Artwoods" wurde eine Riege Musiker bekannt, die später prägend oder begründend weitere Musikgeschichte schrieb - ganz vorne sollen hier
Deep Purple (Jon Lord) oder
Colosseum (Malcolm Pool) genannt sein.
Keef Hartley: Drums
Derek Griffiths: Gitarre
Jon Lord: Keyboard
Malcolm Pool: Bass
Arthur Wood: Vocals
Art Gallery - das ist ganz einfach eine kleine, rückwärts gewandte Zeitreise mit vielen Erinnerungen und Déjà-vus. Ein Album, welches ohne den Anspruch "Anspruchsvoll" zu erheben Spaß macht und die Frühkarriere einiger heutigen Musiker revue passieren lässt.
Achja - und ein Album, picke-packe-voll mit Musik, insgesamt befinden sich 26 Songs am Start. In diesem Sinne - viel Spaß beim Entdecken und Lauschen. Mir hat es damals wie heute viel Freude bereitet.
Die Songliste:
01. Can You Hear Me (Toussaint) - 2:54
02. Down In The Valley (Berns, Burke) - 2:57
03. Things Get Better (Jackson, Floyd, Cropper) - 2:24
04. Walk On The Wild Side (Bernstein, Mack David) - 5:32
05. I Keep Forgettin' (Leiber,Stoller) - 2:26
06. Keep Lookin' (D. Burke, M. Burke, S. Burke) - 3:03
07. One More Heartache (Tarplin, Rogers, White, Robinson, Moore) - 3:09
08. Work, Work, Work (Neville) - 3:30
09. Be My Lady (Jackson, Jones, Dunn, Cropper) - 3:02
10.If You Gotta Make A Fool Of Somebody (Clark) - 2:01
11.Stop And Think It Over (Jones) - 2:57
12.Don't Cry No More (Malone) - 3:52
13.Sweet Mary (Ledbetter) - 2:53
14.If I Ever Get My Hands On You (Carter, Lewis) - 2:01
15.Goodbye Sisters (Lloyd) - 2:53
16.She Knows What To Do (Hill, Rebena) - 2:28
17.I Take What I Want (Hayes, Porter, Hodges) - 2:54
18.I Feel Good (Neville) - 2:42
19.What Shall I Do (Jenkins) - 2:50
20.In The Deep End (Gump) - 3:02
21.These Boots Are Made For Walkin' (Hazelwood) - 2:48
22.A Taste Of Honey (Scott, Marlow) - 3:13
23.Our Man Flint (Goldsmith) - 2:59
24.Routine (Lord) - 3:10
25.The St. Valentine's Day Massacre – Brother Can You Spare A Dime (Harburg, Gorney) - 2:52
26.The St. Valentine's Day Massacre – Al's Party (Martin, Gump) - 2:41