Und heute eine außergewöhnliche Review über ein außergewöhnliches Album.
Eigentlich bin ich über das fantastische Cover auf das Album aufmerksam geworden. Die typische unterkühlte monochrome künstlerische Ästhetik (erinnert mich an eine reduzierte Form der Storm Thorgerson/Hipgnosis Cover von Pink Floyd) eines ECM Covers (wie schon hier bemerkt). Eigentlich typisch aber dann doch wieder nicht. Warum?
Viele ECM Cover sind zwar ähnlich aufgebaut. Deren Corporate Identity arbeitet z. B. bei den Landartthemen gleich. Immer (aber?) mit natürlichen Intarsien. Hier ist etwas anders. Die elektrischen Leuchtstoffröhren!
Natur und (elektrisches Licht)
Und hier sind wir schon bei der grundlegenden Ambivalenz des ganzen Albums.
Streicher und Elektronik.
Wer ein Rock, Pop oder Jazzalbum erwartet sollte bitte weiterlesen.
Craig Armstrong ist in erster Linie Pianist und Soundtrackkomponist (("Romeo und Julia", "Moulin Rouge"). Dieses Faible für monumentale und epische, manchmal hart an der Grenze zum Kitsch operierende Streicherlandschaften durchzieht das ganze Album und vermittelt wenigstens Ansatzweise eine roten Faden. Diese Musik wurzelt tief in der europäischen E-Musik Tradition. Teilweise französische Einflüsse. Die sanften Spacerocker Air (Lost in Kyoto, The Virgin Suicides) schauen um die Ecke. Depeche Mode auf Valium treffen auf die U2 der Passengers Ära. Massive Attack meets „Never Cry Wolf“.
Geht der erste Titel mit seinen bombastischen symphonischen dissonanten Trip Hop Elektronikclustertönen noch recht eigenwillig ins Ohr wird es später zunehmend depressiver und trauriger.Bizarr: "Waltz"-eine Frauenstimme betet, auf deutsch, HTML Code zum Sound. Sehr ungewöhnlich.
Eines der Höhepunkte: Ein trauriges später hymnisch endendes King Crimson Sample, "Starless II" unterlegt von todtraurigen Streichern. Formidabel. Ebenfalls sehr schön und ein Soundtrack fürs Kopfkino per Exzellenz: Stay (Faraway so close) aus dem Wim Wenders Meisterwerk „Der Himmel über Berlin“.
„Faraway, so close
Up with the static and the radio
With satellite television
You can go anywhere
Miami, New Orleans
London, Belfast and Berlin“
Die U2 Nummer wird von einem verhaltenen brüchig klingenden Bono auf das vortrefflichste kongenial interpretiert. Bono der schon mit Clannad (In a Lifetime) zeigte welch Potential als Sänger in ihm steckt, zieht hier alle Register. Fantastisch.
Mit „Choral Ending“ endet ein visionäres verstörendes und nicht einfaches Album. Gebt diesem Bastard eine Chance!
Die Titel:
1. Ruthless gravity
2. Wake up in New York
3. Miracle
4. Amber
5. Finding beauty
6. Waltz
7. Inhaler
8. Hymn 2
9. Snow
10. Starless II
11. Stay (faraway so close!)
12. Niente
13. Sea song
14. Let it be love
15. Choral ending
Wake up in New York
http://youtube.com/watch?v=lqKaZCaAykM
unbedingt anschauen....wunderschön....und das meine ich nicht ironisch!